Mercedes-Sportwagen der 60er und 70er Jahre. Foto: Leif Piechowski

Strahlende Gesichter auf der Messe Stuttgart: Mit 80 000 Gästen hat die Oldtimerschau Retro Classics einen Besucherrekord erreicht. Elf Prozent der Gäste kamen aus dem Ausland.

Strahlende Gesichter auf der Messe Stuttgart: Mit 80 000 Gästen hat die Oldtimerschau Retro Classics einen Besucherrekord erreicht. Elf Prozent der Gäste kamen aus dem Ausland.

Stuttgart - Reger Betrieb herrschte am Samstag auf der Retro Classics. In Halle 1 der Messe heizt eine Jazz-Band mit Melodien der 20er bis 60er Jahre ein, Zeiten, in denen viele der ausgestellten alten Schnauferl schon über die Straßen tuckerten.

Dass Oldtimer nicht nur Spiegel technischer Entwicklung und Kunstwerke der Karosserieschneider, sondern Zeugen der Geschichte sind, demonstrierte ein Horch 853 A Sportcabrio. Produziert für Promis, Großindustrielle und Parteibonzen, wurde das Fahrzeug im Juli 1938 an die Staatskanzlei in Berlin geliefert und von NS-Außenminister Joachim von Ribbentrop gefahren. Nach dem Zusammenbruch der Nazi-Diktatur setzte sich der erste Berliner Stadtkommandant, der sowjetische General Nicolai Bersarin hinters Steuer, und das weinrote Luxusgefährt kam als Kriegsbeute in die Sowjetunion. Dort wurde der Antrieb durch einen russischen Achtzylindermotor ersetzt. Nach dem Zerfall der Sowjetunion gelangte es 1998 in die Bundesrepublik und wurde zwischen 2004 und 2006 restauriert.

Wichtig für Neueinsteiger ins Oldtimerhobby ist der Rat erfahrener Sammler. „Mit einem Freund sammle ich Fahrzeuge, die noch Vergaser haben. Wir teilen uns die Finanzierung. Meine Sammelwelt beginnt in den 1970er Jahren. Damals gab es viele technische Neuerungen“, sagt Staas Gietzen. Der 56-jährige Ingenieur hat früher elf Jahre lang im Porsche-Entwicklungszentrum in Weissach gearbeitet und ist Mitglied im Verein der Sportwagenfreunde Zuffenhausen. „Ich habe zu Hause eine kleine Werkstatt, wenn ich aber an meine Grenzen stoße, wende ich mich an den Verein.“ Der Experte rät jedem Oldtimer-Sammler zu einer Vereinsmitgliedschaft: „Die Versorgung mit Teilen wird immer schwieriger, je älter die Fahrzeuge sind. Vereine haben dafür eine eigene Infrastruktur und bieten günstige Mitgliederbeiträge – bei uns sind es gerade einmal 36 Euro – an.“

Viele der Sammler sind Autoexperten und pflegen ihre Liebhaberstücke selbst. Dennoch gab es am Stand des Deutschen Kraftfahrzeug-Überwachungsvereins (Dekra) Beratungsbedarf. „Meist geht es um die Zulassung restaurierter Fahrzeuge oder um Gutachten zum Wert“, sagt der Dekra-Mitarbeiter Jörg Schwarzmeier. Die Zulassung sei unkompliziert, wenn die Papiere vorhanden sind. Fehlten sie, müsse der Eigentümer mit dem Auto zur technischen Prüfstelle. Umweltzonen seien für Oldtimer kein Thema, sofern sie das H-Kennzeihen für kraftfahrzeugtechnisches Kulturgut erhalten haben. „Für die Stadt Stuttgart reicht sogar die Begutachtung als Oldtimer aus, selbst wenn er als solcher noch nicht zugelassen ist“, betont Jörg Schwarzmeier.

In Sachen Verkehrstauglichkeit zieht die Gesellschaft für Technische Überwachung (GTÜ) anlässlich der Retro Classics eine gemischte Bilanz. Auf Deutschlands Straßen seien mehr und mehr Autos im Alter zwischen 20 und 30 Jahren, so genannte Youngtimer, unterwegs. Im Jahre 2013 seien es rund vier Millionen gewesen. 33 Prozent davon hätten beim Tüv erhebliche Mängel gezeigt und seien verkehrsunsicher. 28 Prozent wiesen geringe Mängel auf, und 39 Prozent waren unbeanstandet. Mit zunehmendem Fahrzeugalter ändere sich das Bild: 425 000 Autos, die älter als 30 Jahre sind, fahren herum wie einst im Mai. Diese Oldtimer seien meist sehr gepflegt. Der Anteil der erheblichen Mängel liegt bei ihnen im Durchschnitt bei nur 19 Prozent.