Die Briten sollen nach dem Willen ihres Premierministers David Cameron nach 2015 über ihren Verbleib in der EU abstimmen. Er selbst werde dafür werben, dass das Königreich in der Union bleibt.

London - Großbritanniens Premierminister David Cameron geht in der Europapolitik aufs Ganze und will die Bürger seines Landes bis spätestens 2017 über den Verbleib in der EU abstimmen lassen. Das Referendum solle in der ersten Hälfte der neuen Legislaturperiode stattfinden, die im Mai 2015 beginnt, kündigte Cameron in seiner lange erwarteten Grundsatzrede zu Europa am Mittwoch in London an. „Es ist Zeit, dass das britische Volk abstimmen kann. Es ist Zeit, dass wir diese Frage zu Großbritannien und Europa lösen.“

Cameron machte deutlich, dass die dann zu fällende Entscheidung unumstößlich sein wird. „Es ist ein einfaches Ticket, keine Rückfahrkarte.“ Zum Referendum kommt es jedoch nur, wenn Cameron im Frühjahr 2015 erneut zum Premierminister gewählt wird. Die Labour-Opposition ist gegen eine solche Volksabstimmung. Sie hält eine solches Vorgehen für ein Glücksspiel.

Cameron forderte, die EU müsse flexibler und wettbewerbsfähiger werden. „Wir brauchen eine Struktur, die die Unterschiedlichkeit der Mitgliedsstaaten widerspiegelt“, sagte der Premierminister, der als Schauplatz für seine mehrmals verschobene Rede schließlich das Bankenviertel in der Londoner City ausgewählt hatte. „Die Länder sind unterschiedlich, sie treffen unterschiedliche Entscheidungen. Man kann nicht alles harmonisieren“, betonte er und forderte Änderungen in den EU-Verträgen.

"Spiel, Satz und Sieg für die Hardliner in seiner Partei"

Für Großbritannien stünden weniger politische Überlegungen, sondern vor allem der Binnenmarkt im Vordergrund. Er werde mit „Herz und Seele“ dafür kämpfen, dass Großbritannien Bestandteil einer reformierten EU bleibe. In ihrem jetzigen Zustand drohe die Union allerdings zu scheitern. „Ich möchte nicht, dass das passiert.“

Die Opposition im eigenen Land warf Cameron vor, ein weiteres Mal dem rechten Flügel seiner eigenen Konservativen Partei nachgegeben zu haben. Er habe Parteiinteressen über die Interessen des Landes gestellt. „Spiel, Satz und Sieg für die Hardliner in seiner Partei“, sagte der frühere Labour-Minister und ehemalige EU-Handelskommissar Peter Mandelson.

Cameron wolle nicht nur das britische Verhältnis zur EU günstiger gestalten. Er habe sich sogar offen gelassen, bei dem Referendum eine Empfehlung gegen seine eigenen Verhandlungsergebnisse zu ermöglichen. „Das ist ein ziemlicher Schritt für einen britischen Premierminister“, sagte Mandelson.

Londons konservativer Bürgermeister Boris Johnson, einer der treibenden Euroskeptiker unter den Tories, begrüßte die Rede Camerons. „Was die meisten vernünftigen Menschen wollen, ist, im Binnenmarkt zu bleiben, aber die irritierenden Auswüchse der EU abzuschneiden“, sagte er.

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) kritisierte Cameron scharf. Großbritannien habe sich in der Vergangenheit stets als Reformbremse in Europa präsentiert. „Da sind diejenigen, die an den Verzögerungen in Europa maßgeblich schuld sind, diejenigen, die mit dem Finger auf Europa zeigen“, sagte Schulz im Deutschlandfunk. Cameron reduziere die EU auf den Binnenmarkt.