Ohne Unterstützung aus dem Begleitfahrzeug geht es nicht: Geraint Thomas vom Team Sky bei der Tour de France 2014 Foto: Getty

Die Tour de France ist vor allem ein Radrennen, aber natürlich auch eine große Bühne der Eitelkeiten. Für die Teams geht es nicht nur um das Gelbe Trikot, sondern vor allem die Selbstdarstellung. Dazu gehört ein großer Fuhrpark. Ein Blick auf das Rennen hinter dem Rennen.

Die Begleitfahrzeuge

Sie sind die Schaltzentralen der Teams: zwei Autos mit mindestens 150 PS, Dieselmotor und Automatikgetriebe, in denen während des Rennens der Teamchef (Auto 1) und sein wichtigster Sportlicher Leiter (Auto 2) sitzen. Sie fahren hinter dem Feld her (das Team des Spitzenreiters ganz vorne, der Rest in der Reihenfolge der Gesamtwertung), beobachten, feilen an der Taktik, informieren ihre Profis über das Streckenprofil. Und sehen vom Rennen, wenn sie an letzter oder vorletzter Stelle unterwegs sind, nicht viel mehr als pinkelnde Radler. Die beiden Autos sind identisch bestückt – und voller Technik: Es gibt Digital-TV, eine Freisprechanlage für mehrere Handys, ein Navigationsgerät und vier Funkkanäle: einen für Radio Tour, einen für die Gespräche mit den Fahrern, einen für das Personal und einen, um per Suchlauf die Kommunikation der anderen Teams mitzubekommen (die Rennställe von Lance Armstrong investierten früher stets große Summen, um ihren Kanal abhörsicher zu verschlüsseln). Auf dem Beifahrersitz nehmen Trainer, Manager, Sponsoren oder andere Gäste Platz, hinten rechts sitzt der Mechaniker. Er hat ein paar Sätze Laufräder und seine Werkzeugbox neben sich, außerdem eine riesige Kühlbox mit Essen und Getränken. Überhaupt sind die Begleitfahrzeuge kleine Transporter: Es gibt eine Medikamentenbox, die gesamte Palette an Energie-Riegeln und -Gels, eine komplette Regenausrüstung für jeden Fahrer, eine Standpumpe und Ersatzschläuche. Der Dachträger bietet Platz für acht bis neun Räder (vier komplett aufgebaut, der Rest ohne Vorderräder). Wie wichtig ein Fahrer für das Team ist, zeigt sich daran, wo sich sein Rad auf dem Dach befindet. Die Ersatzmaschine des Kapitäns ist stets hinten rechts montiert – dort, wo der Mechaniker aussteigt und am schnellsten Zugriff hat.

Die Autos

Neben den beiden Mannschaftswagen, die hinter dem Peloton herfahren, setzt jeder Rennstall bis zu fünf weitere Autos ein: für die Masseure, die ihre Fahrer während des Rennens verpflegen, für die Masseure, die ihre Profis im Ziel in Empfang nehmen, für den Pressesprecher, für Gäste. Alle Autos haben die Berechtigung, vor dem Feld über den Kurs zu fahren – aber stets nur in Rennrichtung. Und auch sonst müssen alle Verkehrsregeln beachtet werden. Weil für den Tour-Veranstalter das Thema Sicherheit sehr wichtig ist, werden Verstöße hart geahndet. Und auch die Polizei macht mit der Radarpistole gerne Jagd auf die PS-Karawane. Kaum ein Team kommt ohne Strafzettel durch Frankreich.

Der Bus

Je finanzkräftiger der Rennstall, umso exklusiver der Reisebus. Doppelachser kosten bis zu 500 000 Euro, wenn sie von Spezialisten (etwa der Firma Frenzel in Obersulm) nach den Vorstellungen der Teamchefs und Radprofis umgebaut worden sind. Zur Ausstattung gehören dann Komfortsitze wie in der Business-Class eines Flugzeugs, Dusche, WC, Satellitenschüssel, Flachbildschirm, Computer-Anschlüsse und WLAN, eine Küche samt Espressomaschine und eine der vier Waschmaschinen, die jeder Rennstall nach Frankreich mitbringt. Dazu kommen neben einem Hochdruckreiniger noch ein leistungsstarkes Stromaggregat sowie Tanks für Frischwasser (300 Liter) und Abwasser, um autark zu sein. Befördert wird im Bus auch eine große Kiste mit Ersatzklamotten für jeden Fahrer. Ein Problem ist die Größe der Busse (bis zu 13,80 m), wenn es über kleine französische Landstraßen geht oder es für die Gefährte der 22 Mannschaften eine möglichst günstige Parkgelegenheit auf dem Marktplatz im Etappenziel zu finden gilt. Folglich übersteht kaum ein Bus die Tour unbeschadet.

Der Lkw

Der große Lastwagen ist das Versorgungszentrum der Rennställe. Dort gibt es einen eigenen Bereich für die Physiotherapeuten, eine Waschmaschine, eine Küche und Platz für bis zu 5000 Getränkeflaschen. Jedes Team besteht während der Tour aus rund 30 Leuten (Fahrer, Sportchefs, Mechaniker, Physiotherapeuten, Betreuer, Busfahrer, Pressesprecher). In dem Lkw wird die gesamte Verpflegung für diesen Tross gelagert, die Vorräte werden jeden Tag aufgefüllt. „Es gibt immer einen Trupp, der einkaufen geht“, sagt Hans Holczer, früher Chef der Teams Gerolsteiner und Katjusha, „jeder Tag bei der Tour ist wie ein eigener Betriebsausflug.“ Hauptsächlich dient der Lkw allerdings dazu, das Material zu befördern. Jeder der neun Fahrer reist mit vier bis fünf Rädern zur Tour (zwei für normale Etappen, zwei für Zeitfahren, ein leichtes für die Berge). Dazu kommen 100 Ersatzreifen, 60 Sätze Laufräder und Ersatzrahmen in jeder Größe sowie in den Farben Gelb, Grün und Weiß mit roten Punkten. Zudem wird im Lkw die Ausrüstung der Fahrer von den Schuhen bis zum Helm transportiert.

Das Wohnmobil

Bei Zeitfahren und Bergankünften haben die Mannschaften ein logistisches Problem: Der große Bus steht am Start, doch auch im Ziel müssen die Fahrer möglichst komfortabel versorgt werden. Deshalb hat jedes Team noch ein größeres Wohnmobil im Einsatz. Seit nicht mehr erlaubt ist, die Profis mit dem Helikopter vom Ziel ins Hotel zu fliegen, warten die Fahrer, die zuerst ankommen, im Wohnmobil auf ihre Kollegen. Erstmals verboten sind in diesem Jahr die riesigen Motorhomes, in denen die Stars des Pelotons bei den vergangenen Frankreich-Rundfahrten gerne mal übernachtet haben. Nun müssen wieder alle ins Hotel, was aus Sicht des Veranstalters mehrere positive Effekte hat: Die Chancengleichheit wird gewahrt, die Motorhomes blockieren keine wertvollen Parkflächen mehr – und die Dopingfahnder wissen, wo die Fahrer übernachten. Im zugewiesenen Hotel. Nicht mehr irgendwo in der Landschaft.

Die Transporter

Bei einer dreiwöchigen Rundfahrt hat jeder Rennstall mehrere Transporter im Einsatz. Neben einer Waschmaschine befindet sich in einem der Fahrzeuge das komplette Material für die Zeitfahren. Es wird während der Tour lediglich zweimal benötigt, wäre deshalb im großen Lkw die meiste Zeit nur im Weg. Weil sich bei den meisten Teams die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass Eisbäder hilfreich für die Regeneration sind, wird das dafür nötige Equipment in einem zweiten Transporter befördert. Astana zum Beispiel nutzt flüssiges Helium zur Kühlung, andere haben aufblasbare Wannen und Eismaschinen dabei. Entweder noch im Zielbereich oder spätestens nach der Ankunft im Hotel nehmen die Radprofis ein erfrischendes Bad. Manche Mannschaften haben zudem einen Transporter für ein ganz besonderes Rennen dabei: Jeden Morgen werden darin die Koffer der Teammitglieder (außer Fahrer) und Gäste zum nächsten Hotel befördert. Und wer dieses am schnellsten erreicht, kann sich die besten Zimmer und Parkplätze sichern. Groß in Mode sind derzeit eigene Küchentransporter. Früher stellten die Rennställe vor der Tour italienische Hilfsköche ein, die danach schauten, dass in den Hotels die Nudeln al dente waren. Dann gab es Zeiten, in denen die Teamköche die Hotelküchen enterten. Weil das nicht immer konfliktfrei ablief, hat jedes Team nun nicht mehr nur seinen Koch dabei, sondern gleich auch noch eine mobile Küche samt großer Kühltruhe.