John Degenkolb beendet bei der Vuelta seine Seuchenserie Foto:  

Der Radprofi aus Thüringen hat sich mit seinen Siegen bei der Spanien-Rundfahrt für die WM in Position gebracht.

Mont Castrove/Meis - aa - John Degenkolb lacht mit der spanischen Sonne um die Wette. Bereits vier Etappensiege holte sich der Radprofi aus Thüringen bei der Vuelta, der dritten großen Rundfahrt der Saison. Zwar kommt er damit (noch) nicht an seine Serie aus dem Jahr 2012 heran, als ihm fünf Tagessiege gelangen – seine aktuelle Bilanz ist aber etwas wertvoller. Denn Degenkolb war nicht nur bei Flachsprints der Schnellste. Er distanzierte die Konkurrenten auch nach Anstiegen in Zielnähe. „Wir müssen richtig kämpfen, das ganze Team leistet Schwerstarbeit“, sagt der Giant-Profi, „ich bin froh, wenn ich das am Ende belohnen kann.“

Und Degenkolb ist auch froh, dass er in Spanien seine Seuchenserie von mehr als einem Dutzend zweiten Plätzen hintereinander so markant beendet hat: „Das ist schon eine Erlösung.“ Ein Grund für die Erfolge in Spanien ist, dass er nie an seinen Qualitäten zweifelte. „Man muss den Dingen auch mal ihren Lauf lassen“, philosophiert der Radprofi, „wer etwas zu sehr erzwingt, dem gelingt gleich gar nichts mehr.“

Mit seinen Siegen bei der Vuelta hat sich Degenkolb in eine Top-Position für die WM gebracht. Eine Generalprobe für das 250 km lange Straßenrennen am 28. September in Ponferrada war am Mittwoch das Etappenfinale von La Coruna. Denn WM-Mitfavorit Fabian Cancellara war auf dem letzten Kilometer plötzlich unter den Sprintern zu finden. Der Schweizer, der unbedingt Weltmeister werden will, wurde Etappendritter. „Das war ein richtiger Härtetest. Es ist einfach gut zu wissen, dass ich am Berg mitfahren und dann meine Schnelligkeit ausspielen kann“, meinte Sieger Degenkolb, „ich bin zwar noch nicht ganz bei 100 Prozent, aber dicht dran. Das ist für die WM ein gutes Zeichen.“ Auch wenn er offiziell erklärt, nur „eine Platzierung unter den besten zehn“ anzustreben, so spekuliert er insgeheim auf eine Veredelung seiner „Holzmedaille“ aus dem Jahre 2012, als er WM-Vierter wurde.

Bei der aktuellen Vuelta lobt Degenkolb das hohe sportliche Niveau: „Ich fahre sie jetzt zum dritten Mal – und noch nie war das Level derart gut. Das haben wir zum Beispiel auch am Montag gespürt, als wir um unser Leben fahren mussten, um die Karenzzeit zu schaffen.“ Am Ende der Bergetappe war das Grupetto erst 40 Sekunden vor Ablauf dieser Frist ins Ziel gekommen.

Zur wundersam anmutenden Heilung der Stars Alberto Contador und Chris Froome – der eine brach sich vor nicht einmal zwei Monaten das Schienbein, der andere das Handgelenk – mag Degenkolb sich nicht äußern. „Ich bin kein Arzt und weiß auch nicht, ob überhaupt etwas gebrochen war“, meint er. Ganz sicher aber bekommt er zu spüren: Contador, der am Donnerstag bei der Bergankunft auf dem Monte Castrove/Meis beim seine Führung verteidigte, und Froome, der nun 1:19 Minuten zurück auf Rang zwei liegt, schlagen an der Spitze ein höllisches Tempo an. Dieses möchte Degenkolb als Abschussrampe für die WM nutzen: „Ich will die Vuelta bis zum Ende durchfahren“, erklärt der Sprinter, „denn ich will das Punktetrikot verteidigen. Und zudem gibt es mentalen Auftrieb, wenn man so ein schweres Rennen durchsteht.“