Tatort Stuttgart-Riedenberg: Ein Mann steht ab Montag wegen Doppelmordes vor Gericht. Foto: SDMG

Die Tat hat im beschaulichen Stuttgart-Riedenberg für Bestürzung gesorgt. Im Oktober vorigen Jahres hat ein Mann seine Familie ausgelöscht. Von Montag an steht der 53-Jährige vor Gericht.

Stuttgart - Er hat gestanden, seine Familie ausgelöscht zu haben. Von Montag an steht der inzwischen 53 Jahre alte Mann deshalb vor einer Schwurgerichtskammer des Landgerichts Stuttgart. Dem Angeklagten wird Doppelmord vorgeworfen, er soll am 18. Oktober vergangenen Jahres seine 43-jährige Ehefrau und seinen 16-jährigen Sohn im Mehrfamilienhaus am Mandarinenweg in Stuttgart-Riedenberg mit mehreren Messerstichen getötet haben. Wie es zu der Bluttat kam, warum der 53-Jährige mutmaßlich zum Mörder wurde, liegt immer noch im Dunkeln. „Wir haben auch nach den Ermittlungen bisher kein Motiv“, sagt Jan Holzner, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Stuttgart.

Mann schnitt sich Pulsadern auf

Kurz vor 9.30 Uhr an jenem 18. Oktober 2015 läuft beim Führungs- und Lagezentrum des Polizeipräsidiums Stuttgart ein Anruf auf. Ein Mann meldet, er habe seine Familie getötet. Die Streifenbeamten, die daraufhin in das ruhige und eher gehobene Wohnviertel eilen, finden den Mann in der Wohnung des Mehrfamilienhauses am Mandarinenweg zusammengebrochen auf dem Boden. Er hat versucht, sich mit Schnitten in die Pulsadern das Leben zu nehmen. Er hat viel Blut verloren. Schwerverletzt wird der damals noch 52-Jährige in ein Krankenhaus gebracht. Für seine Ehefrau und den 16-jährigen Sohn kommt allerdings jede Hilfe zu spät. Sie liegen tot in der Wohnung. Auch der Hund der Familie ist tot. Das Drama scheint sich weitgehend geräuschlos abgespielt zu haben. Die Nachbarn hatten jedenfalls nichts mitbekommen. Allerdings ist die exakte Tatzeit noch nicht geklärt.

Es heißt, die 43-jährige Frau des Angeklagten sei schwer krank gewesen. Wollte der Mann seiner Ehefrau eine Leidenszeit ersparen? Warum musste dann aber der Sohn sterben? Spekulation. Der Angeklagte hat zwar gestanden, das Messer geführt zu haben – sich aber nicht zum Motiv der Tat eingelassen.

Psychiatrischen Gutachter eingeschaltet

Von Montag an wird die 9. Schwurgerichtskammer des Landgerichts Stuttgart unter Vorsitz von Richter Wolfgang Hahn versuchen, für Klärung zu sorgen. Mehrere Gutachter haben Expertisen angefertigt. Unter anderem wird der renommierte psychiatrische Sachverständige Peter Winckler über den psychischen Zustand des Angeklagten Auskunft geben. Bis zum 6. Juni sind fünf Prozesstage anberaumt.

Ob der vom Stuttgarter Verteidiger Michael Lepp vertretene Angeklagte aussagen wird, ist unklar. Sollte er schweigen, könnte es die 9. Schurgerichtskammer erneut mit einem Tötungsdelikt ohne bekanntes Motiv zu tun bekommen. Auch der Hintergrund des Mordes an einer jungen Frau am 9. September vorigen Jahres blieb ungeklärt. Ein Bekannter soll die 21-Jährige auf dem Pragfriedhof im Stuttgarter Norden erschlagen haben. Der 30-Jährige hatte die Tat allerdings – anders als der jetzt Angeklagte – bis zuletzt bestritten. Er wurde wegen heimtückischen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Heimtücke ist auch das Mordmerkmal, das dem 53-Jährigen zur Last gelegt wird. Alles Weitere wird die Hauptverhandlung zeigen – oder auch nicht.