Der gewaltsame Tod von Nadine E. beschäftigt das Stuttgarter Landgericht. Foto: dpa

Im Prozess um den gewaltsamen Tod von Nadine E. aus Ludwigsburg versuchen die Richter, nähere Erkenntnisse über die Tat zu gewinnen. Doch die Suche ist schwierig.

Ludwigsburg - Winzig kleine Fasern mit offenkundig großer Bedeutung: Mehr als zwei Stunden befasste sich die Stuttgarter Schwurgerichtskammer bei der Fortsetzung des Prozesses um den gewaltsamen Tod von Nadine E. aus Ludwigsburg am Montag mit textilen Spuren. Sie sind ein wichtiger Baustein für die Annahme der Staatsanwaltschaft, wonach der angeklagte Ehemann im Oktober 2015 seine Frau nach einem Streit getötet und ihre Leiche in einem Gebüsch nahe den Bahngleisen in Eglosheim versteckt haben soll.

Die Fakten, auf denen diese Theorie basiert, präsentierten am Montag mehrere Gutachter sowie Beamte des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg (LKA). Die Ermittler gliedern die Faserspuren dabei hauptsächlich in zwei Gruppen: neongelbe, fluoreszierende Fasern eines Trainingsshirts, das Nadine E. am Abend ihres Verschwindens getragen haben soll. Solche Partikel fanden die Ermittler auf der Leiche und im Gebüsch, in dem der tote Körper lag. Zerstörte Fasern dieses Typs deuteten darauf hin, dass die Kleidung des Opfers zerschnitten worden sei, sagte eine Beamtin des LKA. Man gehe davon aus, dass die zerschnittenen Kleider schließlich mit dem Auto des Opfers in Berührung gekommen seien – dort wurden die Spuren vor allem im Kofferraum festgestellt.

Der Todeszeitpunkt ist schwer zu bestimmen

Die zweite Gruppe, dunkle Mikrofasern, fand die Polizei im Gesicht der Getöteten, an einem Stück Seil, das sich neben der Leiche befand, im Kofferraum des VW Caddy von Nadine E. und am Lenkrad des Autos. Vor allem aber fanden die Ermittler offenkundig identische Partikel auch in einer Steppweste, die dem Angeklagten gehört, sowie am Lenker von dessen Fahrrad. Die Fasern seien wohl alle vom selben Gegenstand abgegeben worden, sagte die LKA-Beamtin – und legte ein Beispiel für diesen auf den Richtertisch. Sporthandschuhe aus Kunstleder, so die Theorie der Ermittler, sollen die Partikel verteilt haben.

Die Handschuhe müssten wohl aus dem Haushalt der Familie stammen, sagte die Beamtin, sie seien an einigen Stellen festgestellt worden, so zum Beispiel im Auto des Angeklagten. Eine Schwierigkeit für die Richter: Gefunden wurden solche Handschuhe im Haus des Angeklagten nicht, auch von den Kleidern, die Nadine E. zum Zeitpunkt ihres Verschwindens trug, fehlt jede Spur.

Nicht abschließend zu beantworten scheint die Frage, wann exakt die 36-Jährige im Herbst vorvergangenen Jahres getötet wurde. Verschwunden war sie am Abend des 12. Oktober, gefunden wurde ihre Leiche jedoch erst eine Woche später. Die Gerichtsmedizinerin, die am gleichen Tag die Leiche inspizierte und sie 24 Stunden später auch obduzierte, ging zunächst von einem recht zeitnahen Tod aus. Im Zeugenstand am Montag weichte die 40-Jährige diese Einschätzung aber auf: Auch ein Tod bereits eine Woche vor dem Auffinden sei denkbar, meinte die Expertin. Zu diesem Urteil kommt auch ein Bonner Rechtsmediziner, der von den Ermittlern zusätzlich beauftragt worden war. Er geht von einem Todeszeitpunkt etwa sieben Tage vor dem Fund der Leiche aus.

Genauer bestimmen können die Gerichtsmediziner hingegen die Todesursache der 36-jährigen Mutter zweier Kinder: Sie erstickte. Wie exakt ihr die Luft abgedrückt wurde, sei wiederum nicht zu bestimmen, meinte die Rechtsmedizinerin. Man gehe von einer „erheblichen komprimierenden Gewalt gegen den Hals aus“, sagte die Gutachterin. Ein zehn Zentimeter langer Schnitt sei erst nach dem Tod gesetzt worden. Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt.