Ein Reiseunternehmer muss sich vor dem Stuttgarter Landgericht verantworten. Foto: dpa

Wenn einer eine Reise tut, dann ... freuen sich leider manchmal auch die schwarzen Schafe. Ein Fall wird derzeit vor dem Landgericht verhandelt.

Stuttgart - Stell dir vor, du stehst mit Koffern in Antalya und erfährst, dass dein Rückflug nicht gebucht wurde. Dieser Albtraum ist für mehrere Kunden eines Reiseunternehmers am Stuttgarter Flughafen Realität geworden. Andere konnten ihren bezahlten Flug in die Türkei erst gar nicht antreten. Der verantwortliche Reiseanbieter von Terminal vier muss seit Donnerstag vor dem Landgericht Rede und Antwort stehen.

33 Betrugsfälle zwischen Januar 2014 und August 2015 legt die Staatsanwaltschaft dem 39 Jahre alten Mann zur Last. Die Summe, die er eingestrichen haben soll, addiert sich auf mehr als 42 000 Euro. Im heftigsten Fall hat ein Kunde nicht nur 1400 Euro für den Flug, sondern auch noch 3800 Euro für ein Hotel verloren. Unterm Strich waren das 5200 Euro. Daneben geht es noch um eine nicht bezahlte Autoreparatur von rund 5700 Euro. Das Amtsgericht Nürtingen hatte den 39-Jährigen wegen vier früherer Flug-Betrugsfälle bereits zu acht Monaten Bewährungsstrafe verurteilt.

Er wollte sein Geschäft retten

Der gebürtige Türke räumt alles ein. Ja, er habe das Geld genommen und die kompletten Flüge nicht oder manchmal nur einen Hinflug gebucht. Die Kunden speiste er mit einem bedeutungslosen Reservierungsbeleg ab. Der Grund dafür seien finanzielle Schwierigkeiten gewesen. „Ich wollte das Geschäft nicht verlieren“, erklärt er. „Und das Geld ist weg?“, fragt der Vorsitzende Richter Thomas Hillenbrand. Das „Ja“ kommt umgehend. Wie viel Prozent der Schadensumme die Betroffenen wiedersehen, muss der Insolvenzverwalter klären.

Hillenbrand ist darüber erstaunt, dass der Betrug nicht früher aufgeflogen ist. „Da stehen Leute in Antalya am Flughafen und kommen nicht mehr heim, oder sie stehen hier und kommen nicht weg. Das war doch klar, dass das auffallen muss“, sagt er zu dem Angeklagten. Ob denn nicht mal jemand mit hochrotem Kopf in sein Geschäft gestürmt sei und ihn beschimpft habe? „Nicht, solange ich da war“, antwortet der 39-Jährige.

Hohe Provision an Handelsvertreter

Der Angeklagte gibt zu, die Kunden geprellt zu haben. Schuld an der finanziellen Misere will er aber nicht allein sein – obwohl er das Geschäft 2011 nur mit Hauptschulabschluss und ohne entsprechende Ausbildung übernommen hat. Vorher arbeitete er nach eigenen Angaben bei einer Flugzeugreinigung. Anfangs sei alles super gelaufen, sagt er. Doch dann habe es Unregelmäßigkeiten mit zwei Handelsvertretern gegeben. Diese hätten Kontovollmachten gehabt und allein im Jahr 2012 rund 200 000 Euro an Provisionen abgehoben, erklärt sein Anwalt. Der Insolvenzverwalter gehe der Sache derzeit nach, doch die Beweislage sei wohl unklar.

Irgendwann wurde es dann finanziell eng, und er habe begonnen, mit dem Geld für die Tickets andere Löcher zu stopfen, berichtet der Angeklagte. Auch in seine Miete sei das Geld teilweise geflossen. Reumütig sagt er: „Ich möchte es ja zurückzahlen.“ Doch der Richter macht ihm klar, dass dies angesichts seiner 190 000 Euro Schulden und der mageren Berufsperspektive nicht sehr realistisch scheint: „Mit dem Gehalt eines Hilfshausmeisters wird das nicht gehen.“ Der Prozess wird fortgesetzt. Zunächst sind zwei weitere Termine bis zum 14. Oktober angesetzt.