Polens Präsident Andrzej Duda will die verhafteten PiS-Abgeordneten erneut begnadigen. Foto: dpa/Radek Pietruszka

Die Stimmung in Warschau ist aufgeheizt. Die PiS-Partei will die gewählte Regierung offenbar zu Fall bringen.

Mehrere Tausend Anhänger der ehemaligen nationalkonservativen Regierung demonstrierten am Donnerstag gegen die Kontrolle der öffentlich-rechtlichen Medien durch die Koalition unter Donald Tusk und die Inhaftierung von zwei Politikern der bis Dezember regierenden Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS).

Maciej Wasik und Mariusz Kaminski versuchten sich diese Woche im Präsidentenpalast dem Zugriff der Polizei zu entziehen, wurden jedoch während der Abwesenheit von Präsident Andrzej Duda festgenommen und in Handschellen abgeführt. Sie sind wegen Dokumentenfälschung in ihrer einstigen Funktion als Geheimdienstchefs zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Diese Verhaftung ist eine der vielen Niederlagen, welche der PiS-nahe Duda ertragen musste, sie ist wohl die demütigendste – ein Stadtbus versperrte ihm den Ausgang seines Zweitpalasts, als er den beiden zu Hilfe kommen wollte. Dies zeigt einmal mehr, dass sich die Regierung unter dem liberalen Tusk mit brachialen Methoden gegen das nationalkonservative Lager durchsetzen will. Denn das Regieren der Koalition, in der sich konservative, liberale wie linke Politiker befinden, wird durch den Präsidenten erschwert. Dessen Amtszeit läuft bis August 2025.

Andrzej Duda bespricht vieles mit PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski

Duda vermag es, kraft seines Amtes Gesetze zu blockieren, auch kann er Entscheidungen der Regierung verzögern, indem er deren Beschlüsse dem Verfassungsgericht zur Prüfung übergibt. Das Gericht ist mit nationalkonservativen Juristen besetzt.

Andrzej Duda bespricht vieles mit PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski, der ihm in den acht Jahren PiS-Regierung einige Gesetzesentwürfe vorgelegt hat, die gegen die Verfassung verstoßen. Die meisten hatte er unterschrieben. Das verursachte Konflikte mit der EU, die mehrere Rechtsstaatlichkeitsverfahren gegen Polen führte. Seit dem Amtsantritt der Koalition am 13. Dezember herrscht so ein rechtliches Chaos. Die Regierung kann nun Richtersprüche ignorieren, wenn Juristen unrechtmäßig gewählt wurden – oder sich auf Gesetze berufen, die nach Meinung von Experten gegen die Verfassung verstoßen.

„Zuerst Aufrechnung, dann die Versöhnung“

Duda verbindet jetzt seine Autorität mit der Freilassung der „politischen Gefangen“, und er beruft sich darauf, dass er diese bereits 2015 begnadigt habe. Doch das Bezirksgericht erkannte diesen Akt nicht an, da er vor dem rechtskräftigen Urteil erfolgt war. Nun will er sie erneut begnadigen. Sollte dies nicht gelingen, hat der 51-Jährige zwei Optionen, die Regierung zu Fall zu bringen. So kann er deren Haushaltsbeschluss zur Überprüfung ans Verfassungsgericht weiterreichen. Wenn das Gericht nicht fristgerecht entscheidet, müssen per Gesetz Neuwahlen ausgerufen werden. Zudem könnte die PiS die beiden verhafteten Abgeordneten nicht ersetzen, sodass das Parlament unvollständig wäre. Auch dies gäbe dem Präsidenten die Handhabe, das Parlament aufzulösen, was Neuwahlen zur Folge hätte.

„Zuerst Abrechnung, dann die Versöhnung“, meinte Donald Tusk bei seiner Neujahrsansprache. Es ist fraglich, ob Letzteres möglich ist.