Haben es an die Spitze der Charts und auf die „TV Total“-Couch geschafft: Kollegah(links) und Farid Bang. Foto: promo

Gerade als man glaubte, der Deutschrap sei erwachsen, schlau oder zumindest brav geworden, stürmen zwei Typen mit einem Album namens „Jung, brutal, gutaussend 2“ die Charts und lassen kein Prollklischee aus.

Boss und Banger sind zwei ausrasierte Muckibudengänger mit Sonnenbrille und Goldkettchen. Selbstdefiniertes Endziel: Nicht mehr aus Fleisch und Blut bestehen, sondern aus Titan. Nebenher machen die beiden aber auch Musik, Deutschrap, und das ziemlich erfolgreich: Boss und Banger, besser bekannt als Kollegah und Farid Bang, stiegen mit ihrem Album „Jung, brutal, gutaussehend 2“ direkt auf Platz eins der deutschen Albumcharts ein, nach drei Wochen erreichte ihre Platte Goldstatus.

Derzeit sind sie auf Tour, mehrere Konzerte sind bereits ausverkauft. Auch das im LKA in Stuttgart, wo sich die Rapcombo am Sonntagabend die Ehre gab. „Dissen aus Prinzip“, „Kriminell und breit gebaut“ oder „Steroid Rap“ – die Songs sind Programm. Auf der Bühne bedienen Kollegah und Farid Bang jedes erdenkliche Prollklischee. „Alter ich muss meine Jacke ausziehen, ich bin zu breit geworden“, sagt Kollegah, kurz darauf legt er sich eine Line und zieht sich imaginäres Kokain in die Nase. Ein eingeblendetes Video zeigt Kollegah im Gespräch mit „Ehefrau 1“ und „Ehefrau 2“, das er mit den Worten verlässt: „Seit wann hört Kollegah auf Frauen?“ Und im Song „4 Elemente“ zählen die Rapper ihre Lieblingsbeschäftigungen auf: Pumpen, Ficken, Pöbeln und Benzfahren – wer hätte es geahnt?

Mit Hauptschulabschluss glaubwürdiger

Wer geglaubt hat, die neue Generation des Deutschrap – also nette, gebildete Jungs wie Cro, Casper oder Maeckes – hätte es geschafft, dem Hip-Hop die einst genreüblichen Machoklischees auszutreiben, wird an diesem Abend eines Besseren belehrt. Und nur wenn man die Show als Comedyprogramm versteht, sind die sogenannten Punchlines von Kollegah und Farid Bang irgendwie erträglich: „Ich treff dich nachts im Bezirk und nachdem ich dich zum Krüppel schlag/ Lass ich dir, weil ich grad gut gelaunt bin, noch mein Baseballschläger als Krücke da.“ Dass die Texte ausnahmslos frauenfeindlich und gewalttätig sind, interessiert allenfalls die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien. Die setzte das erste Album „Jung, brutal, gutaussehend 1“ auf den Index und komplementierte so ungewollt das Böse-Buben-Image der Combo. Das kam vor allem Kollegah zugute, der eigentlich Felix Blume heißt und in Mainz Jura studiert. Farid Bang hat einen Hauptschulabschluss und ist vielleicht deshalb in seiner Rolle glaubwürdiger.

Fast zwei Stunden stehen die beiden am Sonntagabend im LKA auf der Bühne. Das überwiegend männliche und minderjährige Publikum kann zwar mitsingen, musikalisch ist ansonsten nicht viel geboten. Die Beats sind stumpf, der Sprechgesang ist ausdrucklos und die Stimmung entsprechend monoton. Höhepunkte sind die Songs „Halleluja“ und „Stiernackenkommando“, doch selbst hier macht sich Kollegah nicht die Mühe, seiner Stimme den gewohnten Sarkasmus zu verleihen. Der Liveauftritt bleibt deutlich hinter dem Album zurück und ist trotz Prolo-Showeinlagen hauptsächlich eines: langweilig.