Oliver Kern ist Lissabon-Fan. Ein passendes, iberisch klingendes Pseudonym hat er auch. Foto: Eppler

Der Krimi „Portugiesisches Erbe“ hält sich seit Wochen in der Spiegel-Beststellerliste. Wir haben den Autoren Luis Sellano getroffen – der eigentlich ganz anders heißt.

Waiblingen - Die Überraschung über den eigenen Erfolg hat sich noch nicht gelegt. „Vermutlich hat jeder Fünfte ein selbst geschriebenes Buch in der Schublade liegen“, sagt Oliver Kern aus Waiblingen-Hohenacker. Aber den wenigsten ist es vergönnt, dieses gedruckt in den Händen zu halten. Und noch weniger Autoren schaffen es, sich wochenlang in der „Spiegel“-Bestsellerliste (Belletristik Paperback) zu halten. Momentan steht der Kern’sche Krimi namens „Portugiesisches Erbe“ auf Platz 14. Allerdings hat er das Buch unter dem Pseudonym Luis Sellano veröffentlicht. „Der Verlag fand, dass ein iberisch klingender Name besser zu einem Krimi passt, der in Lissabon spielt. Damit hatte ich kein Problem“, sagt Kern.

Sein Talent wird im Internet entdeckt

Unter seinem echten Namen hat der gebürtige Bayer auch schon Bücher veröffentlicht, darunter zwei Krimis, die in Waiblingen spielen. „Aber das lief alles nicht so gut“, erzählt Kern, der in der Marketingabteilung des VVS arbeitet. Als begeisterter Leser hatte er irgendwann angefangen, Kurzgeschichten zu schreiben. Auf einem Literaturportal im Internet wurde er vom Schriftsteller Rainer Wekwerth entdeckt. Der wollte mehr sehen. „Und tatsächlich hatte ich gerade meinen Erstling fertig“, erzählt Kern. Ein Verlag veröffentlichte 2009 „Das Gewicht der Seelen“, eine Mischung aus Roadmovie, Thriller und Fantastischem.

Oliver Kern hatte den Fuß in der Tür – und die Gelegenheit, die Schriftstellerrunde „Der Club der fetten Dichter“ zu besuchen, zu denen Autoren wie Andreas Eschbach oder Thomas Thiemeyer gehören. Er wurde an einen Agenten weiterempfohlen und bekam von diesem zu hören, dass sein Buch nicht zu klassifizieren sei. „Er hat mir geraten, einen Krimi zu schreiben.“ Als die Waiblingen-Bücher auch nicht so recht einschlugen, wurde Kern von seinem Agenten gefragt, ob er nicht noch eine andere Idee habe. „Ich hatte damals gerade Lissabon besucht und tatsächlich schon eine Story im Kopf.“ Der Agent war von dem Schauplatz begeistert – und der Heyne-Verlag bot ihm nach den ersten 50 Seiten einen Vertrag über drei Bände an. „Es war schön zu sehen, dass die Leute an mich glauben und Potenzial sehen. Das hat angespornt.“ Seit die Abgabetermine festgelegt sind, ist Disziplin gefragt: „Tausend Wörter am Tag sind mein Ziel, die schreibe ich meistens abends nach der Arbeit.“ Ständige Inspiration sei aber nicht nötig: „Die muss beim Konzept da sein. Alles andere ist vor allem Handwerk.“

Der nächste Band ist schon in Arbeit

Als Ritterschlag empfindet Kern die Platzierung seines Buchs in der Bestsellerliste. Gründe dafür gibt es für ihn mehrere. „Das Marketing war hervorragend, das Buch ist am Anfang der Reisesaison erschienen.“ Und tatsächlich gibt es zwar Kommissare, die in Südfrankreich oder Italien ermitteln – Portugal hingegen ist ein weißer Fleck auf der Krimi-Landkarte. Aber nicht deswegen hat sich Kern für Lissabon entschieden. „Die Stadt hat ein tolles Flair. Auch wenn an manchen Stellen der Putz vom Haus fällt, das gehört zum Gesamtpaket dazu“, sagt Kern, der noch zweimal dort war – auch um für den nächsten Band zu recherchieren. Der ist bereits geschrieben, zudem ist eine weitere Krimireihe in Arbeit. Oliver Kern lässt in seiner Heimat, im Bayerischen Wald, ermitteln.

Nur vom Schreiben zu leben, das kann sich der 47-Jährige trotzdem nicht vorstellen. „Das schaffen ganz wenige.“ Vielleicht möchte er jedoch seine Arbeitszeit etwas reduzieren. „Aber gestresst fühle ich mich nicht. Ich will ja auch schreiben und habe eine gute Mischung gefunden.“