Zuzana Čaputová tritt am Samstag das Amt als Präsidentin der Slowakei an. Foto: AFP

Die slowakische Bürgerrechtsanwältin Zuzana Čaputová beginnt ihre Präsidentschaft mit großen Zielen. Noch wenige Monate vor der Präsidentenwahl im März kannte die 45-Jährige kaum jemand im Land.

Bratislava - Vertrauen wiederherstellen. Den Menschen dienen. Ein gutes Beispiel geben. Wenn Zuzana Čaputová die Ziele ihrer Präsidentschaft skizziert, die am Samstag beginnt, klingt manches fast zu schön, um wahr werden zu können. Aber die Slowaken haben Čaputová deshalb gewählt: Weil sie es der Bürgerrechtsanwältin zutrauen, dass sie die tiefen Wunden in der slowakischen Gesellschaft heilen kann, die 30 Jahre nach dem Aufbruch von 1989 mehr denn je klaffen. „Es gibt Risse zwischen Stadt und Land, reichen und armen Regionen, jungen und älteren Menschen“, sagt Čaputová.

Niemand in der Slowakei glaube noch daran, dass Politiker mit guter Absicht handeln oder Polizisten und Richter das gleiche Recht für alle durchsetzen wollen. „Wir alle haben Erfahrungen mit der Arroganz der Macht. Viele erleben es täglich in Büros, bei Gerichten und in Krankenhäusern, als ob es normal wäre. Es ist aber nicht normal.“

Ohne den Mord an dem Journalisten Kuciak hätte sie es nicht ins Amt geschafft

Es sind klare Sätze wie diese, die Čaputová in der Slowakei schlagartig zur Hoffnungsträgerin gemacht haben. Noch wenige Monate vor der Präsidentenwahl im März kannte die 45-Jährige, die in der kleinen Karpatenstadt Pezinok als Anwältin arbeitete und als Umweltaktivistin für die Erhaltung der Wälder kämpfte, kaum jemand im Land. 2017 hatte Čaputová zwar die linksliberale Splitterpartei Progressive Slowakei (PS) mit gegründet und sich als Politikerin etabliert. Doch ohne den Mord an dem Journalisten Ján Kuciak im Februar 2018 und die folgenden Massenproteste hätte sie es kaum ins Präsidentenamt geschafft.

Wie sehr der Mord an Kuciak, der im Mafiamilieu recherchiert und auch nach Verbindungen in die Politik geforscht hatte, die Slowakei in Aufruhr versetzt hat, belegt nicht nur der Rücktritt des langjährigen Regierungschefs Robert Fico. Bis zu diesem Zeitpunkt galt Ficos linkspopulistische Partei Smer als unschlagbar. Doch damit ist es vorbei. Bei der Europawahl im Mai stürzte die Smer auf 15,7 Prozent ab. Čaputovás PS wurde aus dem Stand mit gut 20 Prozent stärkste Kraft. Allerdings sind die Befugnisse des Staatsoberhaupts in der Slowakei großteils repräsentativ. Čaputová schreckt das nicht ab. „Wo ich nicht zuständig bin, werde ich Fehlverhalten klar benennen“, verspricht sie und betont zugleich das „große Glück“, das sie selbst im Leben gehabt habe.

Sie ist so etwas wie ein Gegenentwurf zum Politikertypus, den Donald Trump verkörpert

Das sind Sätze voller Demut, die sie in einen auffälligen Widerspruch zu vielen aktiven Politikern des Jahres 2019 rücken. So wird das Nachbarland Tschechien von Präsident Miloš Zeman und Premier Andrej Babiš geführt, die beide als „Trumpisten“ gelten.

Tatsächlich ist die künftige slowakische Präsidentin so etwas wie ein Gegenentwurf zu jenem Politikertypus, den US-Präsident Donald Trump verkörpert. Manche Beobachter erinnert Čaputová an den jungen Barack Obama, der seine Laufbahn als Bürgerrechtsanwalt in Chicago begann. Mit 48 Jahre erhielt er den Friedensnobelpreis. Čaputová, die am 21. Juni ihren 46. Geburtstag feiert, denkt in anderen Kategorien. Immerhin aber startet sie ihre Präsidentschaft als Hoffnungsträgerin, so wie einst Obama.