Der Gesamtbetriebsratschef von Porsche, Uwe Hück, verteidigt den Dividendenbeschluss. Foto: dpa

Obwohl Volkswagen tief in der Krise des Abgasskandals steckt, will die VW-Dachgesellschaft ihren Anteilseignern eine hohe Dividende ausschütten. Uwe Hück, der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende, rechtfertigt diese Entscheidung. Nebenbei droht er den Metallarbeitgebern mit Streik.

Stuttgart - Neuer Ärger im Volkswagen-Konzern: Während VW infolge des Abgasskandals und milliardenschwerer Verluste um sein Überleben kämpft, haben sich die Porsche-Eigentümerfamilien Porsche und Piëch eine Dividende von insgesamt mehr als 150 Millionen Euro gesichert. Besonders brisant an diesem Vorgang ist, dass der Vorstand der VW-Dachgesellschaft, der Porsche Automobil Holding SE (PSE), am Freitag noch beschlossen hatte, eine Dividende von gut 20 Cent je Stamm- und Vorzugsaktie vorzuschlagen.

Der Aufsichtsrat korrigierte nach einer Verständigung mit dem Vorstand am Montag diese Entscheidung und legte eine Ausschüttung von gut einem Euro pro Aktie fest. Damit fließen etwa 300 Millionen Euro an die Familien Porsche und Piëch, die hundert Prozent der PSE-Stammaktien besitzen, sowie an institutionelle Anleger. Die PSE hält wiederum 52,2 Prozent der Stammaktien an VW. Die Porsche-SE-Hauptversammlung soll den Vorschlag am 29. Juni absegnen. Bereits an diesem Freitag legt die Holding ihren vollständigen Geschäftsbericht in Stuttgart vor.

Der Porsche-Gesamtbetriebsratschef Uwe Hück rechtfertigte diese Wende: „Das ist die richtige Botschaft“, sagte er am Rande einer Kundgebung vor den Porsche-Toren in Zuffenhausen. „Wir haben mit Volkswagen ein Invest, in das wir das hohe Vertrauen haben, dass es in kürzester Zeit wieder auf der Erfolgsspur ist.“ Hück ist auch stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender und hat die Dividende mit beschlossen. VW werde in der Zukunft wieder sehr viel Gewinn machen, davon sei er überzeugt. „Wenig auszuschütten, wäre ein Signal, dass wir Zweifel an diesem Invest hätten“. Nun „muss es aufhören, dass auf VW einprügelt wird.“

Warnung vor einer Kürzung der Investitionen

Finanziert wird die Dividende vornehmlich aus den Rücklagen, die noch etwa 1,7 Milliarden Euro betragen. Es sei in den Vorjahren öfters vorgekommen, dass man die Dividende aus den Rücklagen gezahlt habe – dies sei „nichts Neues“, sagte Hück. Der Beschluss habe auch nicht das Ziel gehabt, „die Familien Porsche und Piëch reich zu machen, denn die sind schon reich“. Dass der Vorstand der Porsche SE zuvor anders entschieden hatte, nimmt Hück gelassen hin: „Bei uns ist das Interessante, dass wir miteinander diskutieren, und die Mitbestimmung hat damit zu tun, dass wir nicht das machen, was der Vorstand sagt, sondern das, was wir für richtig finden.“ Dem Vorstand gehört unter anderem VW-Chef Matthias Müller an, der Aufsichtsrat der Porsche SE wird von Wolfgang Porsche geleitet.

Zuvor hatte Hück vor etwa 3000 Beschäftigten die Konzernführung davor gewarnt, die geplanten Großvorhaben für Porsche zu überdenken, sonst gebe es „Krach“. Im Vorjahr waren mit der Standortvereinbarung und der „Mission E“, dem Bau des Elektroautos, Investitionen in Höhe von gut zwei Milliarden Euro vereinbart worden. Dies müsse so realisiert werden, weil für den Standort sehr viel davon abhänge. „Sollte außerhalb Baden-Württembergs irgendjemand auch nur daran denken, die Investitionen zu verschieben oder zu kürzen, werden wir mit aller Härte darauf hinweisen, dass es eine Vertragstreue gibt“, betonte Hück.

Konkrete Streichpläne gebe es nicht, sagte er. Doch denke jeder Finanzvorstand über Sparpotenzial nach. Und Porsche sei nun mal das einzige Unternehmen in der großen Familie VW, „das unheimlich viel investiert und sehr viele Arbeitsplätze aufbaut“. Es gehe ihm darum, solche Gedankenspiele gar nicht erst aufkommen zu lassen. Er habe in langen Jahren gelernt: Ein zeitiger „Warnschuss ist wichtiger, als die Auseinandersetzung zu suchen“.

Hück plädiert für baldige Ganztagesstreiks

Die Wolfsburger Boni-Diskussion will Hück nicht weiter kommentieren. „Da balle ich meine Faust in der Tasche“, bemerkte er. Die variablen Sondervergütungen für die Vorstandsmitglieder sollen wegen des Abgasskandals nur vorübergehend um 30 Prozent gekürzt werden – wenn es der Aktienkurs nach drei Jahren zulässt, werden sie aber ausgezahlt.

Dennoch sieht Hück einen Grund, sich lauthals aufzuregen. An diesem Donnerstag gehen in Pforzheim die Tarifverhandlungen für die Metall- und Elektroindustrie in die nächste Runde – am Freitagmorgen um null Uhr ist die Friedenspflicht beendet. Dann dürfen die Warnstreiks beginnen. Der oberste Betriebsrat in Zuffenhausen nimmt sich daher die Offerte der Arbeitgeber vor, die den Beschäftigten ein Lohnplus von 0,9 Prozent plus 0,3 Prozent Einmalzahlung gewähren wollen. Wenn die Arbeitgeber nicht bald ein „anständiges Angebot“ machten, „gibt es Krach, aber richtig Krach“, kündigte er an. Schließlich hätte die Porsche-Belegschaft zunächst neun Prozent mehr gefordert, und er habe „viele Schläge dafür bekommen“, dass er die von der IG Metall verlangten fünf Prozent rechtfertige.

Mit Nadelstichen will sich Hück nicht groß aufhalten. „Der letzte Streik war 2002“, erinnerte er. „Jetzt wird es vielleicht mal wieder Zeit.“ Zumindest will er die ganztägigen Arbeitsniederlegungen bald einsetzen. Dieses verschärfte Instrument hat die Gewerkschaft vor der Tarifrunde im Streikkonzept verankert. „Wir sollten nicht lange Warnstreiks machen, sondern gleich die Streiktage einführen“, rief Hück seinen jubelnden Anhängern zu. „Dann brennt im Mai der Tannenbaum.“ In einer ersten Etappe „sollten wir an einem Tag in Deutschland alles lahmlegen“, forderte er.