Ein starker Fokus auf technische Pionierleistungen führt oft zu Defiziten an anderer Stelle – der erste große 3-D-Film „Beowulf“ etwa geriet inhaltlich zum Fiasko. So schlimm kommt es hier nicht, das Autoren-Team hat nur vergessen, den menschlichen Figuren Charakter zu geben und Dialogsätze, die über Banalitäten hinausgehen.

Stuttgart - Ein Lehrstück über Tauben und Falken ist dieser zweite Teil der jüngsten Filmreihe über den „Planet der Affen“. Zehn Jahre nach Ausbruch der für Menschen tödlichen Affengrippe haben sich die entflohenen Menschenaffen im Wald nahe San Francisco eingerichtet. Als einer Kolonie überlebender Menschen in der Stadt der Brennstoff ausgeht, kommt es zur Konfrontation: Sie wollen das Wasserkraftwerk wieder in Gang bringen, doch der Damm liegt im Affenwald.

Der Oberschimpanse Caesar und der Gutmensch Malcom versuchen allen Vorurteilen zum Trotz, Vertrauen aufzubauen – während der Ex-Soldat Dreyfus die Seinen in einer Militärbasis für den Ernstfall rüstet und der von Labor-Folter gezeichnete Schimpanse Koba die Annäherung mit allen Mitteln hintertreibt. Krieg liegt in der Luft.

Als Gollum im „Herrn der Ringe“ ist der Brite Andy Serkis berühmt geworden, auch in der „Hobbit“-Trilogie leiht er dem gepeinigten Wesen wieder seine Gesten – und nun auch seine Mimik. Die Technik nämlich – Bewegungserfassung im Computer mittels Sensoren am Körper – hat sich entwickelt. Auch dank Serkis, der seit 2011 in London das Performance-Capture-Studio „The Imaginarium“ betreibt.

Zu den neuen „Star Wars“-Episoden soll er Außerirdische beisteuern, zu Marvel-Comic-Verfilmungen Fantasiefiguren aller Art – was kaum verwundert, wenn man Serkis’ jüngstes Werk anschaut. Nachdem er schon „King Kong“ (2005) zum Leben erweckte, schlüpfte er 2011 erstmals in die Haut des Schimpansen Caesar. Damals lösten die entwickelten Affen stellenweise noch jenes Unbehagen aus, das als künstlich identifizierbare Kreaturen hervorrufen können; nun bewegen sie sich nahezu lebensecht durch den Wald und die Ruinen der Zivilisation.

Serkis definiert Caesar als nachdenklichen Typ, dessen Stirn oft in Falten liegt und der nur selten befreit lacht – weil er immer das große Ganze im Auge hat und sich seine Entscheidungen nicht leichtmacht, weil er alle möglichen Konsequenzen immer mitdenkt. Ein Konsenspolitiker also, den der aggressive Koba nicht mehr als Anführer akzeptieren kann, als die Affen den Menschen zu helfen beginnen. Toby Kebbell („Rock’n’Rolla“) lässt Koba die Zähne fletschen, mit den Augen blitzen, Menschen einlullen und austricksen: Wie er zwei misstrauische Milizionäre mit lustigen Mätzchen binnen Sekunden für sich einnimmt, zählt zum Stärksten, was mit Motion-Capture- Animation je inszeniert worden ist.

Ein starker Fokus auf technische Pionierleistungen führt oft zu Defiziten an anderer Stelle – der erste große 3-D-Film „Beowulf“ etwa geriet inhaltlich zum Fiasko. So schlimm kommt es hier nicht, das Autoren-Team hat nur vergessen, den menschlichen Figuren Charakter zu geben und Dialogsätze, die über Banalitäten hinausgehen. Jason Clarke („Zero Dark Thirty“) bleibt als Malcolm vollkommen farblos, und selbst Gary Oldman („Léon – Der Profi“, „Harry Potter“) als Dreyfus kann seiner eindimensional angelegten Figur wenig abgewinnen.

Der Film fängt das auf, indem er auf der Meta-Ebene enorme erzählerische Kraft entfaltet. Er führt exemplarisch vor, wie Diktatoren Macht an sich reißen und Schreckensregime errichten. Und er offenbart die Mechanik einer Eskalation, wie sie in trauriger Aktualität gerade ganz real im Nahen Osten zu beobachten war.