Foto: Christof Elben

Für Placebo war es der einzige Festival-Auftritt in diesem Sommer. 35.000 strömten nach Stuttgart.

Stuttgart - Der Stuttgarter Schlossplatz ist am Donnerstag zum Zentrum der Rockfans geworden. Im Rahmen der Feierlichkeiten zum 125. Geburtstag des Automobils spielten auf der großen Bühne im Ehrenhof des Neuen Schlosses die Bands 30 Seconds To Mars und Placebo.

Der Schlossplatz ist die gute Stube der Landeshauptstadt. Rockkonzerte sind dort selten. Für die Feierlichkeiten von Mercedes-Benz zum 125. Geburtstag des Automobils haben Stadt und Land am Donnerstag eine Ausnahme gemacht. 35.000 Fans feierten bis in die Nacht.

Platzhirsch: Rummel auf dem Schlossplatz ist ja immer eine heiße Sache, auch dann, wenn keine Rockstars bei Sommerwetter auf der Bühne stehen. Wie viel Trubel verträgt das Herz der Stadt? Die Meinungen gehen bei diesem Thema weit auseinander, und gewöhnliche Konzertbüros tun sich sehr schwer, eine Genehmigung für diesen herausragenden Ort zu bekommen. Für die Marke mit dem Stern machte das zuständige Finanzministerium allerdings ganz großzügig eine Ausnahme. Zwei Jahre lang hat Mercedes-Benz den Auftritt der beiden Alternative-Rockbands Placebo und 30 Seconds To Mars geplant. Und die Karten zum absoluten Spottpreis von 15 Euro unter die Leute gebracht. "Stuttgarter Sternstunden" als "Dankeschön an die Region".

Platzbedarf: Den Fans gefällt das Angebot natürlich. 35.000 Menschen sind auf den Schlossplatz gekommen - selbst ein Platz kann ausverkauft sein. Bereits eine Stunde vor Öffnung des eingezäunten Geländes drängen sich Hunderte vor dem Zugang. Als die Tore sich öffnen, brandet Jubel auf. Immer mehr füllt sich das Gelände. Aber nicht nur das. Schon am Nachmittag haben sich manche die besten Plätze auf der Treppe beim Kunstmuseum gesichert. Auch dort drängt sich am Abend die Masse.

Platzwahl: Stuttgarts Innenstadt ist der einzige Ort, an dem Placebo in diesem Sommer open air auftreten. Dementsprechend kommt das Publikum nicht nur aus der Region. Viele sind von weither angereist. Spanische, englische und italienische Sprachfetzen mischen sich unter den Geruch von Bratwurst, Bier und Sonnencreme. Sebastian und Caro sind aus Dresden gekommen. "Als wir von dem Konzert gehört haben, waren wir uns sofort einig, dass wir spontan Karten kaufen", erzählen die jungen Leute in schwarzen T-Shirts. Um eine Übernachtungsmöglichkeit machen sie sich keine Sorgen: "Wir machen einfach durch bis morgen früh."

Sportplatz: Auf dem liegt für die Laureus-Stiftung, an der Daimler beteiligt ist, die Chance zu sozialer Gerechtigkeit. Deshalb kommt am Donnerstag auch der Laureus-Botschafter Boris Becker auf die Bühne und nimmt einen Scheck über 25000 Euro für die Arbeit entgegen. "Kaiser" Franz Beckenbauer hatte bereits am Vortag vorbeigeschaut, um dem Autobauer seine Aufwartung zu machen. Doch auch die gewöhnlichen Konzertbesucher kommen am Stern nicht vorbei: Vor den Auftritten gibt's auf den Videowänden Autowerbung satt.

Platzkonzert: Wie grüne Marsmännchen sehen sie jetzt nicht direkt aus, die Jungs von 30 Seconds To Mars. Aber irgendwie vom anderen Stern wirkt der ungewöhnliche Auftritt am frühen Abend dann doch. Genau wie bei Placebo zwei Stunden später tobt die Menge, spielt Luftgitarre und singt textsicher mit - völlig losgelöst von der Erde. Der Schlossplatz erzittert.

Platzsparend: Hohe Ansprüche darf nicht haben, wer bei einem Open-Air-Konzert ein stilles Örtchen sucht. Immerhin: Das allseits beliebte enge Dixi-Klo ist am Donnerstag in reichlicher Zahl vorhanden. Das beruhigt speziell Besucher, die am vergangenen Wochenende auf dem Sommerfest an gleicher Stelle schlechte Erfahrungen gemacht haben. Dort standen so wenige Container, dass besonders die Damen der Schöpfung von Wartezeiten von über einer Stunde berichteten. Gar 42 nervöse Leidensgenossinnen hatte eine von ihnen in der Schlange vor sich gezählt.

Logenplatz: Wer ein richtiger Fan ist, hat für den Toilettengang eh keine Zeit. Ist das Plätzchen in der ersten Reihe erst einmal erobert, wird es bis Konzertende auf keinen Fall wieder preisgegeben. Das Mittel der Wahl lautet deshalb für manchen Getränkeverzicht. Gerade an warmen Sommertagen wie gestern spielt da oft der Kreislauf nicht mit. Die Helfer vom Deutschen Roten Kreuz haben deshalb bereits lange vor Konzertbeginn ordentlich zu tun. Bei mancher, die da auf der Liege weggefahren wird, hält sich die Sorge um die eigene Gesundheit in Grenzen - viel schwerer wiegt dagegen, dass das Konzert beendet ist. Über hundert Besucher müssen die Helfer am Ende verarzten.

Platzwechsel: "Wir haben ein ganz anderes Publikum hier als sonst, sehr jung", sagen die Damen im kleinen i-Punkt-Provisorium, das neben dem Daimler-Pavillon winzig wirkt. Viele seien zum ersten Mal hier und sehr interessiert an Sehenswürdigkeiten, Restaurants und Ausflügen. Vielleicht bleibt von den "Sternstunden" ja auch für die Stadt ein bisschen was hängen.