Ein Streit zwischen Kollegen eskalierte, nun steht ein 39-Jähriger vor Gericht. Foto: dpa

Weil er seinen 33-jährigen Vorgesetzten mit einem Teppichmesser angegriffen haben soll, muss sich ein 39-jähriger Angestellter seit Mittwoch vor dem Landgericht in Stuttgart wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten.

Ostfildern - Er konnte seine Wut nicht beherrschen. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart wirft einem ehemaligen Angestellten einer Logistikfirma in Ostfildern-Kemnat vor, Mitte Oktober des vergangenen Jahres seinen Chef mit einem Teppichmesser angegriffen und am Bauch und Hals verletzt zu haben. Die gefährliche Körperverletzung sei in Tötungsabsicht erfolgt, sagte die Staatsanwältin am Mittwoch vor der Schwurgerichtskammer des Stuttgarter Landgerichts. Der Angegriffene überlebte die Attacke dank Gegenwehr und der Hilfe von Kollegen. Als Hintergrund der Tat beschrieb die Staatsanwaltschaft, dass sich der Angeklagte und das Opfer bereits einige Zeit vor der Tat nicht mehr gut verstanden hätten. Dem Angeklagten habe es missfallen, dass sein einstiger Kollege von der Geschäftsleitung zu seinem Vorgesetzten befördert worden sei.

Es sei viel zu tun gewesen an jenen Tagen vor der Tat, wie das 33-jährige Opfer vor Gericht im Zeugenstand berichtete. Deshalb sei vereinbart gewesen, dass an zwei bis drei Tagen Mehrarbeit geleistet werde. Er habe dies jedoch nicht angeordnet, sondern lediglich angefragt und die Entscheidung den Mitarbeitern überlassen. Diese hätten der Idee zugestimmt. Am Tag der Tat sei der Angeklagte einige Minuten später als vereinbart zur Arbeit erschienen. Daraufhin habe das spätere Opfer das Gespräch mit dem Mann gesucht. Dieser habe jedoch völlig empört und gereizt reagiert. Die heftige Reaktion des Angeklagten sei kaum auf die Ansprache wegen der kleinen Verspätung zurückzuführen gewesen, meinte die Lager- und Logistikfachkraft. Vielmehr vermutete der Zeuge, dass den zweifachen Familienvater andere Probleme belastet hätten. Welche Probleme es genau gewesen seien, die seinen Kollegen beschäftigt hätten, könne er aber nicht sagen. Er hätte damals beschlossen, den Mann in Ruhe zu lassen und gehofft, dieser würde sich im Laufe des Vormittages wieder beruhigen.

Schnittwunden an Hals und Bauch

Nach der Mittagspause sei es jedoch zu dem Angriff mit einem Teppichmesser gekommen. Der 39-Jährige sei in sein Büro gestürmt und habe ihn in ein Gerangel verwickelt, während er gerufen haben soll: „Ich bringe dich um“. Während des Angriffs sei er mit einem Teppichmesser an Hals und Bauch verletzt worden. Zwei herbeigeeilten Kollegen sei es gelungen, den Angreifer von ihm wegzuzerren. Einem zweiten Angriff sei er dann durch eine Flucht entkommen, beschrieb der Zeuge vor Gericht.

Der gelernte Schuhmacher auf der Anklagebank ließ zu den Vorwürfen eine Erklärung von seinem Anwalt verlesen. Darin ging er allerdings nicht auf die Tat ein. Er erklärte, dass sich das spätere Opfer nach seiner Beförderung in seinem Verhalten gegenüber den anderen Kollegen sehr verändert und Druck ausgeübt habe. Das Arbeitsklima in der Logistikfirma sei zunehmend schlechter geworden. Dies habe er der Geschäftsleitung in einem anonymen Brief auch mitgeteilt.

Weil er zwei kleine Kinder zuhause habe, sei es für ihn nicht einfach gewesen, die geforderte Mehrarbeit zu leisten. Das habe er seinem späteren Opfer auch mitgeteilt. Dieser habe aber entgegnet, dass ihn das nicht interessiere. Er habe am Tattag die Beherrschung verloren, hieß es in der Erklärung. Im Laufe des Vormittages sei seine Wut immer weiter gewachsen. „Ich hatte meine Gedanken nicht mehr unter Kontrolle“, las der Anwalt vor.