Vor der Tür zum Studio Gaga im früheren Café Schlossgarten bildet sich zum Opening eine lange Schlange. Foto: Andre Vrban

Zum Studio Amore gesellt sich das Studio Gaga: Die zweite temporäre Bar im leer stehenden Hotel am Schlossgarten ist eine Hommage an Lady Gaga, der Name verrät aber auch, dass es hier verrückt zugeht, abseits der Norm. Zum Start ist der Ansturm groß.

Das Studio Amore hat Zuwachs bekommen: In der einstigen Luxusherberge, die unweit des Stuttgarter Hauptbahnhofs zwecks Sanierung vor anderthalb Jahren geschlossen wurde, ist die Liebe, also viel Amore, bereits zu Hause. Jetzt gesellt sich ein neues Studio dazu, quasi eine verrückte Schwester: Willkommen, Lady Gaga!

Das 1962 erbaute Hotel am Schlossgarten, von dem noch immer keiner weiß, wann der Umbau beginnen kann, beherbergt nun also gleich zwei temporäre Bars – und beide sind Magneten der Nacht: das Studio Amore und darunter das Studio Gaga.

„Unser Herz schlägt Gaga“

Lady Gaga ist eine Ikone der queeren Community. „Unser Herz schlägt Gaga“, erklärt das Team der neu eröffneten Location und ist „überwältigt“ von der ersten Nacht im früheren Café am Schlossgarten: „Wir sind immer noch sprachlos von dieser einzigartigen Energie, dieser tollen Musik und dieser mitreißenden Stimmung.“ Damit sei mitten in Stuttgart „ein Ort der Liebe, Freiheit und Akzeptanz“ entstanden.

Glitzernde Outfits, falscher Pelz, glamouröse Drag-Queens, Männer in kurzen Hosen, Frauen in atemberaubenden Roben, die aus dem Rahmen fallen, aber auch jede Menge Normalos: Das bunte Stuttgart zelebriert seinen neuen Treff der Lebensfreude.

In den sozialen Medien ist die Begeisterung groß. Das Studio habe in einer Farbenpracht voll großstädtisch pulsiert, ist zu lesen. Manch einer fühlte sich beim Opening an die legendäre Schwulendisco Kings Club erinnert, die noch immer geschlossen ist, obwohl laut Wirtin Laura Halding-Hoppenheit ein Investor gefunden ist. Der Neustart verzögert sich, sagt sie, aber wenigstens habe sie nun Geld für die Sanierung.

Dass es in den alten Gebäuden an der unteren Königstraße, die laut den Eigentümern von der Immobilien GmbH der Landesbank nach dem Umbau zum „schönsten Quartier der Stadt“ werden sollen, baurechtlich nicht vorwärts geht, kommt den kreativen Zwischennutzern entgegen. Gleich zwei Nachtstationen auf Zeit bereichern sich gegenseitig. So attraktiv und ideenreich wird im Kessel Leerstand überwunden.

Studio Gaga soll ein „Safe Space“ sein

Die Macher des Monroes von der Schulstraße wollen den Fans des Regenbogens am neuen Standort im Studio Gaga einen „Safe Space“ mit einem „Hauch von Extravaganz“ bieten, also einen sicheren Ort, an dem alle so sein und sich so entfalten können, wie sie sind. Der Claim für die neue Location lautet: „Where Hedonismen has its place.“ Hedonismus bedeutet, dass Lebensfreude, Lust und Genuss zelebriert werden – auch in harten Zeiten. Dafür ist nun ein Platz geschaffen.

Beim Start ist die Schlange in der dunklen Gasse zwischen Königstraße und Schlossgarten lang. Ziel sind die leuchtenden, aufgeblasenen Kegel an der Tür, zu der man einst in die Zirbelstube oder ins Café am Schlossgarten ging. Quer durch die Generationen ist die Vielfalt groß. Zur Vielfalt zählen Heteros, die reichlich vertreten sind, vor allem Hetero-Frauen, die es früher schon im Kings Club liebten, an einem Ort tanzen zu können, wo sie ungestört sind, keine Anmache befürchten müssen, weil die meisten Gäste um sie herum schwul sind.

Man zahlt mit Karte, Bargeld ist out

Der einzige Kritikpunkt in dieser Nacht lautet: Es gebe zu wenige Lesegeräte zum Bezahlen. Denn wie schon im Studio Amore darüber ist Bargeld out. Man zahlt mit Karte. Der Eintritt zum Opening hat übrigens nur fünf Euro gekostet. Weil die Premierenacht so gut lief, dreht das Team vom Studio Gaga nun weiter auf: Die Silvesterparty startet am Sonntag um 23 Uhr. Das Studio Amore dagegen bleibt zum Jahreswechsel zu. Dort geht es es am Neujahrstag, 14 Uhr, mit dem „Sunday Roast“ weiter. Im neuen Jahr wird das  Studio Gaga, angetrieben vom ersten Hype, freitags und samstags geöffnet sein.

Die Idee zur neuen Location ist erst vor wenigen Wochen entstanden. Alles ging daraufhin sehr schnell. Viel umgebaut wurde nicht, nur das Licht verändert, die Theke neu gebaut und roter Plüsch zum Sitzen aufgestellt. Die rote Farbe ist es, die viele an den früher ebenfalls ganz in Rot erstrahlenden Kings Club erinnert. Mit einem „Augenzwinkern“ und einer „Prise Selbstironie“ will das Team vom Studio Gaga das Konzept mit dem Publikum weiterentwickeln.

Im Studio Amore freut man sich über den neuen Nachbar, der zum Start voll eingeschlagen habe. Das Hotel sei so gut akustisch isoliert, dass man darüber von den Beats der Neuen nichts gehört habe, sagt Kevin Bernthaler aus dem Amore-Team. Gespannt ist er, „ob dieser Hype“ anhält. Auch im Amore sei der Ansturm nach der Anfangseuphorie etwas abgeflacht. Wie lange können die beiden Studios weitermachen? „Wohl bis tief ins Jahr 2024 hinein“, vermutet Bernthaler. Alles Schöne ist irgendwann mal vorbei.