Opel und Peugeot Citroën stehen schwierige Zeiten bevor. Foto: AP

Opel und Peugeot Citroën stehen schwierige Zeiten bevor. Die beiden Autobauer müssen in die Entwicklung alternativer Antriebe, die digitale Vernetzung von Fahrzeugen und Roboterautos. Das kostet immens viel Geld, meint unser Autor Harry Pretzlaff.

Stuttgart - Bei Opel sollte der Genfer Autosalon dieses Mal „ganz im Zeichen des komplett neuen Opel Insignia stehen“, wie die Rüsselsheimer kürzlich ankündigten. Doch jetzt steht nicht ein Modell, sondern das Unternehmen im Rampenlicht, nachdem General Motors sich mit Peugeot Citroën über den Verkauf von Opel geeinigt hat. Dies zwingt die Rüsselsheimer auf eine Reise ins Ungewisse.

Für General Motors ist der Verkauf ein Armutszeugnis. Nach fast 90 Jahren zieht der US-Konzern die Reißleine: Er stuft die europäische Tochter als Ballast ein. Die Amerikaner haben offenbar keine Fantasie mehr, wie Opel auf Erfolgskurs kommen könnte – eine Marke mit langer Tradition, die vor dem Zweiten Weltkrieg der größte deutsche Autobauer war und später mit Modellen wie dem Kapitän, dem Kadett oder dem Manta Kunden begeisterte.

Dass die Rüsselsheimer seit Jahren rote Zahlen schreiben, ist auch auf eine falsche Strategie zurückzuführen. Der Multi-Marken-Konzern General Motors wollte nur Chevrolet und Cadillac als weltweite Marken etablieren. Opel sollte sich bei Produktion und Verkauf auf Europa beschränken – einen Markt, auf dem die Kosten sehr hoch, der Wettbewerb knallhart und die Wachstumschancen bescheiden sind. Autobauer können heute nur überleben, wenn sie rund um den Globus fest verankert sind.

Die Premiumhersteller beschränken sich längst nicht mehr auf die Oberklasse

In Europa sind die Massenhersteller in der Vergangenheit von zwei Seiten in die Zange genommen worden: Die Premiumhersteller beschränken sich längst nicht mehr auf die Oberklasse, sie gewinnen auch in der Golfklasse und anderen Fahrzeugsegmenten jene Autokäufer, die gerne etwas mehr für ihren Wagen ausgeben. Sie schöpfen damit die Rahmschicht ab. Zudem haben sich immer mehr Konkurrenten aus Asien eine Scheibe des europäischen Marktes abgeschnitten. Auf die Japaner folgten Hyundai und Kia aus Korea. Bald werden chinesische Wettbewerber hinzu kommen und den Druck verstärken.

Ob die Übernahme durch Peugeot Citroën die Perspektiven von Opel verbessert, ist fraglich. Die Franzosen wollen einen europäischen Champion schaffen, versprechen Vorteile durch eine Bündelung der Kräfte in Forschung und Entwicklung, Einkauf, Produktion und Vertrieb. Doch die Vorteile durch einen Zusammenschluss werden generell überschätzt. Dies hat Daimler nach der Übernahme von Chrysler leidvoll erfahren müssen. Zudem kostet die Zusammenführung viel Zeit und Kraft und lenkt Manager davon ab, sich voll und ganz auf den Markt zu konzentrieren. Deshalb hat auch BMW einst Rover wenige Jahre nach der Übernahme abstoßen müssen.

Peugeot Citroën hat sich vor allem einen Namen als Dieselspezialist gemacht

Größe allein ist keine Garantie für Erfolg, sonst hätte Opel unter dem Dach von General Motors ja beste Voraussetzungen haben müssen. Peugeot Citroën ist deutlich kleiner als der US-Riese und vor wenigen Jahren erst an der Pleite vorbeigeschrammt. Wie der Opel sind auch die Franzosen viel zu stark von Europa abhängig. Im Wettlauf um Spitzentechnik hat sich Peugeot Citroën vor allem einen Namen als Dieselspezialist gemacht. Durch den Abgasskandal von VW und die Diskussion über Fahrverbote in vielen Städten ist dies jedoch eher ein Handicap.

All dies sind keine guten Perspektiven für die Bewältigung des epochalen technologischen Umbruchs in der PS-Branche. Die beiden Autobauer müssen gleichzeitig in die Entwicklung alternativer Antriebe, die digitale Vernetzung von Fahrzeugen, Roboterautos und neue Mobilitätsdienste wie Carsharing investieren. Dies kostet immens viel Geld. Doch wer hier nicht mithalten kann, kommt unter die Räder.