Bernd-Wilfried Kießler liebt automobile Klassiker. Hier sitzt er als Beifahrer neben dem Rennfahrer Jochen Mass in einem Benz aus dem Jahr 1908. Foto: Paul-Janosch Ersing

Die „Retro Classics“ auf der Landesmesse sind ein Mekka für Oldtimerfreunde. Bernd-Wilfried Kießler ist Kenner und erklärt, warum alte Autos faszinierend sind.

Echterdingen - Bernd-Wilfried Kießler besitzt selbst keinen Oldtimer. Ein Freund alter Autos ist der Echterdinger Journalist und Fachbuchautor dennoch – wenngleich es etwas dauerte, bis bei ihm die Faszination geweckt wurde.

Mit seinem Sohn hat Kießler 2008 an der „Mille Miglia“ teilgenommen, einer legendären Oldtimer-Rallye durch Italien. Dabei saßen sie in einem Mercedes 300 SLR, Baujahr 1955, der vom Rennfahrer Jochen Mass gelenkt wurde. „Die Mille ist eine Strapaze“, erzählt der 68-Jährige. „Sie kommen kaum zum Schlafen.“ Am Steuer des Rennwagens saß er selbst nicht. Doch schon als Beifahrer war er von der Fahrt beeindruckt.

Autos als Kunstwerke

Es folgten weitere Rundfahrten – der London-Brighton-Run zum Beispiel. „Da dürfen nur Autos mitfahren, die bis einschließlich 1904 gebaut worden sind“, berichtet Kießler. 2011 fuhr er an der Seite von Jutta Benz, einer Urenkelin von Carl Benz, auf einem Nachbau des ersten Automobils der Welt mit, dem bekannten Dreirad. „450 Autos, die alle älter als 100 Jahre sind, und Engländer in dazu passender Kleidung – das gibt es nicht noch mal“, schwärmt er. Seine persönliche Lieblingsrallye ist die „Sachsen-Classic“. Sie sorge für eine ähnliche Begeisterung bei den Zuschauern wie die „Mille Miglia“, sagt er.

Dank Veranstaltungen wie diesen sieht Kießler Oldtimer inzwischen als Kunstwerke an. Mehr noch: „Ich betrachte fahrende, alte Autos als rollende Museen, die technisch und kulturgeschichtlich interessant sind“, sagt er. Sich in einem Oldtimer fahren zu lassen oder selbst einen zu steuern, sei „ein ganz anderes Gefühl“, meint er. „Mir gefällt die völlige Abwesenheit von elektronischem Schnickschnack und Piepsen.“

Wer dieses Gefühl erleben will, muss kein Millionär sein. Laut Kießler gibt es in der Region Firmen, die Oldtimer vermieten, auch für Rundfahrten. Anders sieht die Sache aus, wenn man einen Oldtimer sein Eigen nennen möchte. „Dann brauchen Sie keine Sparbüchse mehr“, sagt Kießler. Und man sollte technisch versiert sein – oder einen Kfz-Mechaniker kennen.

„Wertvolle Oldtimer liegen im sechsstelligen Bereich“

Der Fachjournalist unterscheidet zwei Typen von Besitzern. Zum einen gibt es die Personen, die genug Geld haben, um ein gut erhaltenes Sammlerstück zu kaufen. „Die wertvollen Oldtimer liegen im sechsstelligen Bereich“, sagt Kießler. Natürlich geht es auch günstiger. Amerikanische Schlitten zum Beispiel seien bereits ab 12 000 Euro zu haben. Doch hier warnt Kießler vor hohen Unterhaltskosten und Schwierigkeiten bei der Ersatzteilversorgung.

Eine andere Gruppe sind die „Schrauber“, die ihren Wagen gern auch im Alltag nutzen. „Einen Scheunenfund zu restaurieren, ist eine Lebensaufgabe“, sagt Kießler und berichtet von einem Freund, der mehrere Zehntausend Euro in das Herrichten eines alten VW-Käfer investiert habe.

Egal, welcher Gruppe die Freunde automobiler Klassiker angehören – am Wochenende ist die Landesmesse ihr Treffpunkt. Die „Retro Classics“ sind nach der „Techno Classica“ in Essen die zweitgrößte Schau dieser Art in Deutschland.