Prokon-Werbeschild in Hannover: Der Energieversorger EnBW will die Reste des Unternehmens kaufen Foto: dpa

Für die Altinvestoren der pleitegegangenen Öko-Energiefirma Prokon kommt es nicht so dicke wie zunächst befürchtet. Zwei Insolvenzpläne sehen eine – für Insolvenzen – recht weitgehende Erstattung vor. Die EnBW bietet nun offiziell mit.

Karlsruhe/Itzehoe - Die Chancen, dass die Karlsruher EnBW beim Kauf des vor gut einem Jahr pleitegegangenen Windkraft- und Ökoenergieanbieters Prokon zum Zuge kommt, sind gestiegen, Wie das Unternehmen am Mittwoch mitteilte, habe man dem Prokon-Insolvenzverwalter ein „verbindliches Angebot“ zur Übernahme gemacht und sei daraufhin als „bevorzugter Investor“ ausgewählt worden. Andere mögliche Bieter sind damit aus dem Rennen.

Allerdings ist noch keine Entscheidung für die EnBW gefallen, denn parallel verfolgt die Insolvenzverwaltung um Dietmar Penzlin auch die Umwandlung Prokons in eine Genossenschaft, die von den bisherigen Prokon-Genussrechteinhabern getragen werden würde. Welche Alternative den Zuschlag erhält, entscheidet Anfang Juli die Gläubigerversammlung in Hamburg .

Immer wahrscheinlicher wird nun, dass die Prokon-Gläubiger, die sich einst mit Renditeversprechen von acht Prozent locken ließen, zwar deutliche Verluste hinnehmen müssen, sich aber Horrorszenarien nicht bewahrheiten. „Beide Insolvenzpläne werden Quoten zwischen 50 und 60 Prozent aufweisen“, sagte Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin am Mittwoch in einer Telefonkonferenz. Die Prokon-Gläubiger könnten in diesem Fall damit rechnen, mindestens die Hälfte ihrer Forderungen erstattet zu bekommen.

Ebenfalls in einer Telefonkonferenz am Mittwoch warb die EnBW für ihr Angebot. Bereits vor einigen Tagen war bekanntgeworden, dass der Karlsruher Versorger eine Offerte in Höhe eines „mittleren dreistelligen Millionenbetrags“ für Prokon abgegeben hatte. Die Rede ist von 500 Millionen Euro. „Wir sind zu einer Barauszahlung an die Gläubiger gemäß der festgelegten Quote bereit“, sagte EnBW-Finanzvorstand Thomas Kusterer. EnBW-Chef Frank Mastiaux sagte, das Kerngeschäft von Prokon sei „im Wesentlichen gesund“, brauche aber einen Neustart. EnBW habe den Willen zur Fortführung der Geschäfte und verfüge über die nötige Finanzkraft. Beide Unternehmen ergänzten sich sehr gut. Offen blieb, in welchem Umfang EnBW in das Prokon-Windgeschäft investieren will. Kusterer sagte, das Prokon-Kerngeschäft habe heute schon eine „vernünftige Kapitalausstattung“.

Zusammen mit Prokon würde die EnBW ihr Windgeschäft an Land erheblich ausbauen. Rein rechnerisch verfügen beide Unternehmen über Windräder mit einer Leistung von rund 800 Megawatt. Etwa 5000 Megawatt befinden sich in der Planung und sollen weiterentwickelt werden. Aus EnBW-Sicht seien die Prokon-Windprojekte „attraktiv“, hieß es.

Aber auch nur die. Denn andere Geschäftsfelder des Itzehoer Unternehmens will EnBW nicht weiterführen. Dazu gehört etwa ein Paletten-Werk in Torgau nahe Leipzig, in das Prokon Medienberichten zufolge rund 300 Millionen Euro investiert haben soll. Zudem kaufte das Unternehmen in der Vergangenheit Werke zur Erzeugung von Biokraftstoffen, etwa eine Ölmühle, aber auch Tankstellen oder Felder zur Produktion der Bioölpflanze Jatropha in Tansania. Ebenso war Prokon in die Produktion einer eigenen Windturbine (P 3000) eingestiegen.

Dieses und einige weitere Engagements sind im Rahmen des Insolvenzverfahrens bereits veräußert worden, andere wie das Torgauer Holzwerk hingen lange wie ein Stein in der Insolvenzmasse und sind jüngst in eigene Abwicklungsgesellschaften ausgegliedert worden. Hier können die Gläubiger noch auf separate Ausschüttungen hoffen.

Im Fall der von Insolvenzverwalter Penzlin parallel verfolgten Genossenschaftslösung sollen möglichst viele der rund 75 000 Genussrechts-Inhaber – anders als im EnBW-Modell – auf eine Barauszahlung ihrer Ansprüche verzichten und das Geld stattdessen in eine Genossenschaft einbringen. Außerdem müssten sie eine 15-jährige, mit 3,5 Prozent verzinste Anleihe zeichnen.

Diesen Punkt kritisiert die EnBW, weil die fälligen Zinszahlungen Prokon Kapital entzögen und die Entwicklungsfähigkeiten des Unternehmens einschränkten. Unklar ist, wie viele Prokon-Gläubiger sich für die Genossenschaftslösung entscheiden müssen, um das Rennen zu machen und EnBW auszustechen. In einer Umfrage hatten sich 30 000 von ihnen grundsätzlich zur Mitgliedschaft in einer Genossenschaft bereiterklärt. Das würde reichen, sagte Penzlin.