Beim Anblick des Postfachs ist die Erholung dahin Foto: dpa

Zurück aus dem Urlaub: Von E-Mails sollte man sich nicht zu sehr unter Druck setzen lassen.

Stuttgart - Nach einem längeren Urlaub drohen viele Mitarbeiter in einer Flut aus E-Mails zu ertrinken. Alles eine Sache der Organisation, sagt Carmen Diebolder, Trainerin für E-Mail-Kommunikation.

Frau Diebolder, am ersten Tag nach dem Urlaub warten nicht selten 500 Mails im Posteingang. Die Erholung ist bei diesem Anblick schnell wieder weg. Muss das sein?

Es bleibt einem nichts anderes übrig, als die E-Mails abzuarbeiten, aber man darf sich nicht zu sehr unter Druck setzen. Alles, was sich innerhalb von drei Minuten beantworten lässt, erledigt man sofort. Alle anderen E-Mails legt man entsprechend ihrer Priorität auf Wiedervorlage für die nächsten Tage.

Gibt es eine Reihenfolge, wie man sich am schnellsten durch die E-Mail-Flut kämpft?

Ja, am besten sortiert man die Nachrichten nach Absender. Dann hat man Mails zu einem Thema beisammen und kann sie von der aktuellsten aus abarbeiten. Ältere Mails haben sich so manchmal bereits von selbst erledigt. E-Mails, die Sie nicht mehr benötigen, löschen Sie sofort. Mails, die der Dokumentation dienen, verschieben Sie in die entsprechenden Ordner.

Noch besser, als die Mails nach dem Urlaub mühsam durchzuarbeiten, wäre es, wenn man gar nicht erst so viele vorfinden würde.

Wenn es die Firma erlaubt, hilft es, wenn die Urlaubsvertretung auf die Mails zugreifen darf und sie in der Zwischenzeit beantwortet. Außerdem sollte man vor dem Urlaub den Abwesenheitsassistenten einrichten und darin auf die Vertretung hinweisen.

Nicht nur nach dem Urlaub scheint sich der Posteingang an manchen Tagen schneller zu füllen, als man ihn wieder leeren kann.

Das stimmt. Um nicht ständig von der Arbeit abgelenkt zu werden, sollte man auf jeden Fall die Info: "Sie haben eine neue Mail" ausstellen und nur zwei-, dreimal am Tag in den Posteingang schauen. Die Papierpost kam früher ja auch nur einmal am Tag.

Bei E-Mails herrscht vonseiten des Absenders aber doch eher die Erwartungshaltung, dass man sofort antwortet, oder?

Man sollte E-Mails innerhalb von 24 Stunden beantworten, ja. Aber wenn ich in meinen Seminaren frage, welche E-Mail die letzten Wochen so dringend war, dass sie nicht auch hätte drei Stunden später beantwortet werden können, fällt kaum jemand eine ein. In dringenden Fällen ist E-Mail sowieso das falsche Medium. Greifen Sie lieber zum Telefon.

Was hilft noch?

Man sollte sich im Posteingang mehrere Ordner anlegen und mit Regeln dafür sorgen, dass die Mails nach Personen oder Betreff darin einsortiert werden. Wer zum Beispiel einen Newsletter abonniert hat, liest diesen meist nicht sofort, sondern wenn mal Zeit dafür ist, und dann kann man den entsprechenden Ordner öffnen. Und viele Leute lesen und beantworten ihre Mails zwar, lassen sie dann aber im Posteingang, statt sie sinnvoll abzulegen oder zu löschen. Einen Brief, den man mal aus dem Briefkasten geholt hat, steckt man nach dem Lesen doch auch nicht wieder ins Kuvert und zurück in den Kasten!

50 bis 100 E-Mails bekommt ein Mitarbeiter durchschnittlich pro Tag. Davon müssen viele doch irrelevant sein.

Gerade in Deutschland haben wir aber eine hohe Absicherungsmentalität. Da werden dann möglichst viele Leute in Kopie gesetzt. Fragt man nach, ob sie allen diesen Leuten die Nachricht auch überbracht hätten, wenn sie ein Papier vier Stockwerke nach oben hätten, lautet die Antwort...

... Nein.

Genau. Wir müssen sensibler damit umgehen, ob jemand eine Mail wirklich braucht. Beim Versender von Rundmails ist der Aufwand zwar gering, jeder einzelne Empfänger aber wird von seiner Arbeit abgelenkt und braucht Zeit, um die Mail zu lesen. Wenn alle bewusster mit dem Verschicken umgehen, werden wir alle künftig weniger E-Mails im Posteingang haben. Das wäre doch schön, oder?