So hätte es am Nürtinger Neckar aussehen sollen. Foto: Stadt Nürtingen

Für einen Biergarten hat sich bisher kein Betreiber gefunden. Daher wird es auf dem Melchior-Areal zur Fußball-Europameisterschaft auch kein Public Viewing geben.

Nürtingen - Der Torjubel am Nürtinger Neckar wird bei der am 10. Juni beginnenden Fußball-Europameisterschaft ausbleiben. Denn der Biergarten auf dem Melchiorareal findet zumindest in der von der Stadt geplanten Form nicht statt. „Auf die Ausschreibung hin hat sich niemand gemeldet“, antwortete der Oberbürgermeister Otmar Heirich in der jüngsten Gemeinderatssitzung auf eine entsprechende Frage des Stadtrats Frank Staffa.

Bewirtung war aus einem Container heraus geplant

Noch vor zwei Jahren bei der Weltmeisterschaft hatten hunderte Fans die Spiele des deutschen Teams auf einem Großbildschirm verfolgt, der auf einer Insel an der Fischtreppe platziert war. Weil der Standort am Neckar aber erhebliche Probleme mit sich gebracht hatte, favorisierte der Gemeinderat zur EM in diesem Jahr eine abgespeckte Variante. Für eine Saisongastronomie für die wärmere Jahreszeit hatte das Grünflächenamt eine Container-Lösung vorgeschlagen. In Richtung Neckar sollten demnach bis zu 24 Biertischgarnituren mit 190 Plätzen aufgestellt werden. Damit wäre der neue Biergarten nicht einmal halb so groß gewesen wie noch bei der WM.

Zusätzlich sollten Liegestühle am Ufer ein Strandgefühl erzeugen. Die Bewirtung, so die Idee, sollte von einem auf dem Hochwasserdamm aufgestellten Gastronomie-Container heraus erfolgen. Wie dies aussehen könnte, illustrierte der Bastian Kuthe vom städtischen Grünflächenamt anhand eines Beispiels aus Berlin.

Wirte scheuen Risiko einer reinen Freiluftgastronomie

Der Haken allerdings, so stellte sich heraus, war die Finanzierung dieses Biergarten-Modells. Ein Container-Kauf wäre hätte die Stadt 190 000 Euro gekostet. Diese Investition war dem Gemeinderat zu hoch. Auch bei einem Leasing wären an der Stadt auf drei Jahre gerechnet noch 120 000 Euro hängengeblieben. Dennoch machte sich Nürtingen damit auf Pächtersuche. Doch obwohl die Stadt bereit gewesen wäre, mit einer Grundausstattung in Vorleistung zu gehen, war offenbar kein Gastronom bereit, das mit einer Freiluftgastronomie stets verbundene Risiko einzugehen.

Möglicherweise, deutete OB Heirich im Gemeinderat jetzt an, könnte es aber doch noch einen Biergarten auf dem Melchiorareal geben. Jüngst habe sich ein Wirt gemeldet. Dieser überlege, eine – allerdings noch einmal deutlich abgespeckte Saisongastronomie – anzubieten. Wie andere Städte setzt auch Nürtingen darauf, dass Wirte in Eigenregie Fernseher zur EM aufstellen. Größere Public-Viewing-Angebote gibt es im Kreis Esslingen in Wernau und in Leinfelden-Echterdingen.

Beide Augen zugedrückt

Problem
Der Biergarten zur Fußball-Weltmeisterschaft 2014 auf dem Nürtinger Melchiorareal lag in einer hochwassergefährdeten Zone. Das Landratsamt äußerte deshalb erhebliche Bedenken gegen den Betrieb. Zudem befanden sich die Bewirtschaftungsbuden extrem dicht an der benachbarten Freien Kunstakademie. Fraglich war auch, inwiefern diese Nähe mit dem Brandschutz vereinbar war. Zudem erwies sich die Optik schwierig. Der mit schwarzer Folie abgetrennte Bereich wirkte nicht einladend.

Lösung
Um ein langwieriges Genehmigungsverfahren mit ungewissem Ausgang zu vermeiden, wählte der Oberbürgermeister Otmar Heirich den Weg der Verfahrensfreiheit. Diese Möglichkeit sieht das Baurecht für gewisse Anlässe vor. Dieser war mit der WM gefunden. Die Sondererlaubnis für den Betreiber wurde dann auf die komplette Saison ausgedehnt. Befremden löste unter Stadträten aus als bekannt wurde, dass das Rathaus dem Wirt Robert Ruthenberg den Pachtzins erlassen hatte.