Die Schweiz hat im Pro-Kopf-Vergleich die höchsten Goldreserven aller Staaten Foto:  

Die Schweizer stimmen am Sonntag darüber ab, ob die Notenbank den Anteil massiv aufstocken soll. Das könnte sich auf den Marktpreis auswirken.

Worüber stimmen die Schweizer am kommenden Sonntag ab?
Gold- und Devisenhändler, aber auch Anleger blicken gebannt auf den 30. November: An diesem Tag sind die Schweizer in einer Volksinitiative aufgerufen, ihre Zentralbank zum Großeinkauf von Gold zu verpflichten und dazu, es dann nie mehr abzugeben. Zudem stimmen sie über eine verschärfte Zuwanderung ab.
Worum geht es bei der Schweizer Gold-Initiative im Detail?
Mit der Initiative stellt die rechtskonservative Schweizer Volkspartei (SVP) drei Forderungen: Die Schweizer Notenbank (SNB) soll künftig mindestens 20 Prozent ihrer Vermögensgegenstände in physischem Gold, also in Barren, halten. Sie soll sie nicht mehr verkaufen dürfen. Und das Gold soll nur in der Schweiz gelagert werden.
Wie viel Gold müsste die SNB kaufen?
Aktuell verfügt die SNB über 1040 Tonnen Gold. In den USA sind es 8134 Tonnen, in Deutschland, also bei der Bundesbank, 3384 Tonnen. Im Pro-Kopf-Vergleich hat die Schweiz weltweit das meiste Gold: 4,2 Feinunzen (à 31,1 Gramm), in Deutschland liegt der Wert bei 1,3, in den USA bei 0,8 Feinunzen. Bei der SNB entfallen knapp acht Prozent der Reserven auf Gold. Sie müsste sie also nahezu verdreifachen und rund 1800 Tonnen Gold im Wert von 65 bis 70 Milliarden Franken (54 bis 58 Milliarden Euro) kaufen. Sie soll dafür aber fünf Jahre Zeit haben.
Könnte die Schweizer Notenbank die Vorgabe auch auf einem anderen Weg umsetzen?
Theoretisch könnte sie Euro oder Dollar verkaufen und so den Anteil der Goldbestände steigen lassen. Experten zufolge müsste sie ihre Währungsreserven um 325 Milliarden Franken (270 Milliarden Euro) reduzieren. Dies ist unwahrscheinlich. Weil sie Euro verkaufen müsste, würde die SNB den Franken massiv stärken, was sie nicht will. 2011 hat sie eine Obergrenze von 1,20 Franken pro Euro festlegt, um die Schweizer Exportwirtschaft und den Tourismus nicht zu schwächen.
Welche Folgen hätte ein Ja zur Initiative für den seit Monaten schwächelnden Goldpreis?
„Das würde einen ordentlichen Schub nach oben auslösen“, sagt Sonia Hellwig vom Edelmetall-Konzern Heraeus. Der Preis pro Feinunze (31,1 Gramm) – aktuell rund 1200 Dollar (965 Euro) – könnte schnell um 100 Dollar (80 Euro) steigen, betont auch Eugen Weinberg von der Commerzbank. Benjamin Summa von Deutschlands größtem Goldhändler proaurum erwartet bei einer Zustimmung den Wendepunkt beim Goldpreis. Auch Thorsten Polleit, Chefvolkswirt von Degussa-Goldhandel, rechnet mit steigenden Preisen, zudem könne der Präzedenzfall Schweiz Nachahmer finden. Fraglich ist, wie lange der Preisauftrieb anhalten würde.
Wie hat sich der Goldpreis 2014 entwickelt?
Im Herbst 2012 kostete die Feinunze knapp 1800 Dollar (1447 Euro). Ende Oktober waren es nur noch rund 1130 Dollar (908 Euro). Seitdem ist der Preis wieder leicht auf derzeit etwa 1200 Dollar (965 Euro) gestiegen. Ein Grund ist die Schweizer Goldinitiative. Weinberg zufolge kaufen große Zentralbanken wie in Russland und in asiatischen Ländern wieder Gold – bis Ende September waren es in diesem Jahr bereit 335 Tonnen. Davor hatten Notenbanken jahrelang nur verkauft. In Asien wie etwa in Indien wird zudem wieder mehr Goldschmuck gekauft.
Kaufen deutsche Anleger derzeit Gold?
Seit dem Tief Ende Oktober habe die Nachfrage von Privatanlegern deutlich angezogen, sagt Sonia Hellwig. „Zum Teil gibt es wieder Wartezeiten, weil es an Barren in bestimmten Gattungen fehlt. Gefragt sind vor allem 100-Gramm- und 250-Gramm-Barren.“ Gold werde auch gesucht, weil es an Anlagealternativen mangele. Dabei sprechen die niedrige Inflation und die derzeit gedämpfte Krisenstimmung nicht für Gold. Das Edelmetall gilt schließlich traditionell als Krisenwährung.
Sollten auch Kleinanleger Gold kaufen, etwa in Form von Münzen oder kleineren Barren?
Experten sagen, dass Gold in jedes Depot gehört. Bei fünf bis acht Prozent sollte der Anteil liegen. Aber jeder Anleger muss wissen: Gold bringt keine Erträge wie Zinsen oder Dividenden. Gewinne gibt es nur über einen Preisanstieg.
Wie stehen die Chancen für die Schweizer Gold-Initiative?
Bis vor wenigen Tagen waren bei Umfragen 44 Prozent der Schweizer dafür, 39 Prozent dagegen. Jüngsten Analysen zufolge ist die Stimmung gekippt: Demnach sind nur noch 38 Prozent für die Goldkäufe, 47 Prozent dagegen, 15 Prozent haben sich noch nicht entschieden. Trotzdem bleibt es spannend. Auch für den Goldpreis.