Lebensmittelkontrollen finden auch auf dem Frühlings- und Volksfest regelmäßig statt. Foto: dpa/Uwe Anspach

Ein Besuch des Frühlingsfests hat zu einer Masseninfektion mit dem Norovirus geführt. Essen und Getränke waren zwar nicht die Ansteckungsquelle. Trotzdem stellt sich die Frage: Wer kontrolliert die Lebensmittelsicherheit in Zelten und an Ständen?

Frühlingsfest und Volksfest sind jedes Jahr aufs Neue eine Herausforderung – nicht nur für die Schausteller und Zeltwirte samt Personal, sondern auch für die Lebensmittelüberwachungsbehörde der Stadt Stuttgart. Denn über die Festdauer hinweg rücken die Mitarbeiter regelmäßig zu Einsätzen aus und überprüfen stichprobenartig die Betriebe, in denen Essen und Getränke verkauft werden. Kommt es wie dieser Tage zu einem Infektionsgeschehen, sind sie besonders gefordert.

Viele Menschen auf engem Raum: perfekte Bedingungen für die Verbreitung von Erregern – auch für Noroviren. Mehr als 800 Besucher haben sich inzwischen mit Magen-Darm-Beschwerden gemeldet. Bei einigen ist das Norovirus auch mit Tests nachgewiesen worden. Alle Betroffenen hätten das Göckelesmaier-Zelt besucht und danach über Erbrechen, Übelkeit und Durchfall geklagt, hieß es.

Lebensmittelproben auf Norovirus getestet

Zwar lassen sich Essen und Getränke inzwischen als Übertragungsquelle ausschließen. Man vermutet, dass Mitarbeiter des Festzelts oder Besucher infiziert waren und andere angesteckt haben. Nach den ersten Meldungen waren die Lebensmittelüberwachung (LMÜ), die Teil des Amts für öffentliche Ordnung ist, sowie das städtische Gesundheitsamt sofort vor Ort, überprüften die Hygiene im Zelt und nahmen Lebensmittelproben mit.

„Die LMÜ kontrolliert jedes Lebensmittelunternehmen der rund 230 Schausteller, Festwirte und Marktkaufleute auf dem Frühlingsfest“, sagt Oliver Hillinger, der Pressesprecher der Stadt. Die LMÜ sei dabei „die Kontrolle der Kontrolle“, denn die Verantwortung für die Sicherheit der Lebensmittel liege zunächst beim Lebensmittelunternehmer selbst.

Kontrolliert wird stets zu Beginn des Fests – zur Abnahme. „Für das Frühlingsfest sowie das Volksfest gibt es ein Kernteam aus vier Lebensmittelkontrolleuren und einem Amtsveterinär bzw. Sachverständigen“, erklärt Hillinger. Bei Bedarf, und bei der Abnahme, werde das Team zusätzlich verstärkt. „Die Kontrollen erfolgen unangemeldet und risikoorientiert.“ Sprich: leicht verderbliche Lebensmittel stehen stärker im Fokus als weniger leicht verderbliche. Bei Bedarf erfolgten auch Nach- und Verdachtskontrollen, so der Sprecher weiter.

Bisher gab es noch nie schwere Verstöße

„Zu Ermahnungen sowie Schließungen von Betrieben können etwa schwere hygienische Mängel, schwere Reinigungsmängel, verdorbene Lebensmittel, fehlende Personalhygiene und fehlende Hygienenachweise führen“, berichtet Hillinger. Dies hänge immer von der Schwere der Verstöße ab und davon, ob es um erstmalige oder wiederholte Verstöße handle. Das war laut Hillinger in den vergangenen Jahren auf den Stuttgarter Festen nie nötig. Am häufigsten würden beispielsweise fehlendes Warmwasser, fehlende Handtuch- und Seifenspender an Waschbecken sowie Reinigungsmängel beanstandet.

Immer wieder werden auch Proben genommen, etwa von Lebensmitteln und Oberflächen. Untersucht werden sie dann vom Chemischen- und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart (CVUA) – „unter anderem mikrobiologisch sowie auf Kennzeichnung. Oder wie im aktuellen Fall auf Noroviren“, sagt Hillinger.

Der Rathaussprecher ist sich sicher: „Die gemeldeten Erkrankungszahlen sprechen dafür, dass die ergriffenen Maßnahmen wirksam sind.“ Das Infektionsgeschehen im Festzelt habe sich nach bisherigen Erkenntnissen nur auf das Wochenende konzentriert. „Es ist allerdings möglich, dass es im privaten Umfeld von erkrankten Festzeltbesuchern noch zu Folgeerkrankungen kommen kann.“ Der Bereich Lebensmittelsicherheit habe dem Festzeltbetreiber empfohlen, mit einem bestimmten Infektionsmittel zu reinigen. „Dem wurde freiwillig nachgekommen, es musste nicht angeordnet werden.“

Experte: Ansteckungsrisiko inzwischen gering

Der Aufruf des Gesundheitsamts an die Besucher und an das Festzelt-Personal, auf Hygiene zu achten, sich etwa häufiger gründlich die Hände zu waschen und sie auch zu desinfizieren, gelte weiterhin, sagt Hillinger. „Das müssten wir eigentlich von der Corona-Pandemie gelernt haben“, sagt der Epidemiologe Timo Ulrichs, Professor an der Akkon-Hochschule Berlin. Doch der Mensch sei vergesslich.

Das Risiko für weitere Ansteckungen im betroffenen Festzelt schätzt der Facharzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie als gering ein: „Ich gehe von einer einmaligen Situation aus.“ Die Betroffenen seien quasi gleichzeitig erkrankt – „und die Quelle, vermutlich ein Mitarbeiter oder ein Besucher, ist schon länger nicht mehr vor Ort“. Außerdem seien die nun steigenden Temperaturen ein positiver Faktor: Die Kälte der vergangenen Tage habe die Saison für Noroviren verlängert, die eigentlich im Herbst und Winter aktiv sind, und deren Ausbreitung gefördert: „Nun wird es wärmer und trockener, sprich: das Virus zieht sich zurück.“