Macht die Bratsche zum Star: Nils Mönkemeyer. Foto: Promo

Mit Nils Mönkemeyer wird die Bratsche zum Star – Ein Gespräch über Eigenart und Unterordnung, das Lied und Weihnachtsgebäck.

Mit Nils Mönkemeyer wird die Bratsche zum Star – Ein Gespräch über Eigenart und Unterordnung, das Lied und Weihnachtsgebäck.
Stuttgart - Herr Mönkemeyer, Sie spielen an diesem Donnerstag bei den Stuttgarter Philharmonikern ein Stück, das kaum einer kennt: Niccolò Paganinis „Sonata per la gran viola“. Was ist das für ein Werk?
Paganini hat dieses Stück für eine Bratsche mit e-Saite komponiert, also für ein Instrument, das zwischen Geige und Bratsche liegt. Für reine Bratschisten ist es schwer zu spielen, weil man dauernd in hohen Lagen spielen muss. Auf dem Steg sind dort die Abstände zwischen den einzelnen Tönen sehr gering, und mit meinen dicken Wurstfingern hab ich da schon Probleme. Außerdem gibt es sehr viele schnelle Läufe. Es ist aber ein ganz tolles Stück, das so ein bisschen Serenadencharakter hat. Es beginnt mit einem opernhaften Rezitativ und einer Arie, dann kommt ein Thema mit Variationen, von denen jede ein bisschen schneller ist als die vorangegangene.
Paganini selbst sollte als berühmter Virtuose den Solopart des zweiten Stücks übernehmen, das Sie in Stuttgart spielen werden: Hector Berlioz’ „Harold en Italie“. Er hat allerdings am Ende abgesagt, weil er sich unterbeschäftigt fühlte.
Da hatte er schon ein bisschen recht. Nach den ersten drei Sätzen steht man als Solist hier irgendwie mit leeren Händen da. Aber ich habe mir etwas überlegt. Etwas Theatralisches – mehr will ich jetzt noch nicht verraten. Man muss sich die Bratsche bei Berlioz ja wie einen Wanderer vorstellen. Das Orchester spiegelt die wechselnde Umgebung wider, aber die Bratsche bleibt immer gleich: verträumt, melancholisch – selbst wenn im Orchester die Hölle ausbricht.
Wo zwischen Paganini und Berlioz fühlen Sie sich denn besonders zu Hause? Beim Virtuosen oder beim Ruhigen, Verhaltenen?
(Lacht) Hören Sie mal, ich bin ein Bratscher!
Also dem Klischee nach: langsamer. In jeder Hinsicht.
Das haben jetzt Sie gesagt.
Sie haben auf der Geige begonnen. Warum haben Sie zur Bratsche gewechselt?
Ich habe einfach gespürt, dass ich das, was ich sagen will, mit der Bratsche besonders gut sagen kann. Außerdem kommt die Tonhöhe dieses Instrumentes derjenigen der menschlichen Stimme sehr nah. Und dieses Rauchige, Verhangene der Viola mag ich auch. Der Klang ist immer ein bisschen verschattet, nie so direkt wie bei der Geige. Eine Bratsche hat immer ein Geheimnis.
Sie reisen sehr viel herum, CDs nehmen Sie außerdem auf – bleibt da noch genug Zeit für Ihre Professur in München?
Ja, das ist eine halbe Stelle, ich habe fünf Studenten, und für die bin ich fast jede Woche einmal da. Das brauche ich auch, denn es ist gut, wenn es einmal nicht nur um mich, sondern um andere Menschen und um die Musik selbst gehen kann.
Sie haben zwei CDs mit Bearbeitungen romantischer Klavierlieder für die Bratsche aufgenommen. Sehen Sie im Singen die herausragende Qualität Ihres Instrumentes?
Ich liebe die Kurzform des Liedes, die die ganze Welt in zwei oder drei Minuten beschreibt. Das haben wir als Instrumentalisten ja selten: dass jede Note etwas ganz Spezielles sagt. Außerdem machen sich Lieder auf der Bratsche sehr gut.
Sie arbeiten immer mit dem Pianisten Nicholas Rimmer zusammen. Was muss ein Musiker können, um zu Ihnen zu passen?
Es muss eine ähnliche Auffassung von Musik geben und ein ähnliches Gefühl für ein Stück. Außerdem muss mich das gemeinsame Spiel herausfordern, so dass ich besser spiele, als ich es alleine täte. Außerdem will ich auch mal an meine Grenze kommen. Ich habe ja keinen Lehrer mehr, und deshalb ist Kammermusik für mich ein wichtiges Korrektiv .
Wollten Sie immer Bratschensolist werden? Die meisten Bratscher spielen doch im Orchester.
Ja, und da wollte ich eigentlich auch hin – bis ich gemerkt habe, dass das Spiel im Orchester für mich schwieriger ist als solistisches Spiel. Ich funktioniere nicht so gut im Kollektiv. Ich falle zu sehr auf, ich tanze zu gerne aus der Reihe.
Ich habe gelesen, dass Sie gerne backen. Welche Weihnachtsplätzchen würden Sie unseren Lesern empfehlen?
Am besten sind immer noch Haselnussmakronen. Da könnte ich mich reinsetzen.
Da müssten Sie, um ein optimales Ergebnis zu erzielen, aber eigentlich das Eiweiß von Hand schlagen.
Nein, nein, das würde bei mir zu lange dauern. Ich bin Bratscher.
Was ist Ihr liebster Bratscherwitz?
Was ist der Unterschied zwischen einer Waschmaschine und einer Bratsche?
. . . Ähm – das weiß ich natürlich nicht.
Die Waschmaschine vibriert schneller, und was herauskommt, ist sauber.

An diesem Donnerstag spielt Nils Mönkemeyer im Konzert der Stuttgarter Philharmoniker den Solopart von Hector Berlioz’ „Harold en Italie“ und von Paganinis „Sonata per la gran viola“ (20 Uhr, Liederhalle Stuttgart/Beethovensaal). Karten: 07 11 / 21 68 89 90 und an der Abendkasse.