Die Nightingales Foto: pro

1979 in Birmingham gegründet, gehören die Nightingales zu den Geheimtipps unter den britischen Postpunkbands. Die britische Postpunkband spielt an diesem Mittwoch in Stuttgart – mit schwäbischem Bassisten

Stuttgart - 1979 in Birmingham gegründet, gehören die Nightingales zu den Geheimtipps unter den britischen Postpunkbands. Ihre jüngsten Platten haben sie im Faust-Studio von Krautrock-Legende Hans Joachim Irmler in Scheer bei Sigmaringen aufgenommen, dessen Tontechniker Andreas Schmid bei der Band seit einiger Zeit den Bass bedient. Schmid erzählt, wie dies zustande kam.

Herr Schmid, wie fühlt sich das an, als Deutscher in einer englischen Band mit Vergangenheit zu spielen – wenn diese auch eher ein Geheimtipp geblieben ist?
Mittlerweile ganz natürlich. Trotz ihrer langen Geschichte waren die Nightingales nie eine Band, die zurückblickt. Wir setzten uns einfach hin und stellten die Uhr auf null. Da hat man es mir sehr einfach gemacht. Ich hatte nie das Gefühl, kein vollwertiges Bandmitglied zu sein. Nach meiner Erfahrung sind die Briten uns sehr ähnlich, abgesehen davon, dass sie einen guten Humor haben. Natürlich sind die Texte und Themen sehr englisch, da gibt es schon öfter Erklärungsbedarf für mich. Und meine erste Tour mit der Band führte mich 2008 direkt in die USA, das war schon ein bisschen schräg am Anfang – ich hatte ja vorher nur selten jenseits der Schwäbischen Alb gespielt.
Wie kam der Kontakt zustande?
Sie haben zweimal beim Klangbadfestival in Scheer gespielt, das Hans Joachim Irmler kuratiert hat. Wir mochten einander persönlich und musikalisch, und 2007 kam es dann zur Produktion des Albums „Insult To Injury“ im Faust-Studio. Ich leitete damals die Aufnahmen, für die etwa eine Woche angesetzt war. Nach zwei Tagen war der Bassist spurlos verschwunden, und ich bin dann zunächst aus reiner Not am Mann eingesprungen. Die Chemie stimmte auf Anhieb, und ich bin bis heute dabeigeblieben.
Was halten Nightingales-Sänger Robert Lloyd und die anderen von Faust – und überhaupt von Krautrock?
Man kann Krautrock sicher als großen Einfluss auf die Band nennen. Dinge musikalisch anders zu verarbeiten als durch die Bedienung bloßer, gefälliger Klischees verbindet Krautrock und Punk. Man hört das vielleicht nicht immer unmittelbar in der Musik, da geht es mehr um die Herangehensweise und die Einstellung.
Das Faust-Studio hat einen guten Namen auch deshalb, weil es analoge Gerätschaften vorhält, die immer schwerer zu finden sind. Derweil verbessern sich die digitalen Möglichkeiten stetig – wie groß ist der Klangunterschied noch?
Einen Unterschied wird es da immer geben. Allein so ein Gerät anfassen zu können, lässt einen ganz anders damit arbeiten als ausschließlich mit Mausklicks. Letzten Endes versuchen wir das Beste aus beiden Welten zu kombinieren. Um heutzutage noch zeitgemäß und wirtschaftlich produzieren zu können, kommt man um Digitaltechnik kaum herum. Dem „alten“ Sound wird man sich aber immer nur annähern können.
Lässt sich das an „For Fuck’s Sake“ illustrieren? Das Album klingt live und direkt wie aus dem analogen Zeitalter, nur mit viel klarerem Klang.
Das liegt natürlich auch daran, dass es live eingespielt ist. Mit Studiotechnik kann man dann alles noch ein bisschen aufhübschen, analog oder digital. Aber die Musik wird von der Band gemacht, und ich mag es einfach, wenn man das auch hört. Leider wird ja heutzutage fast alles editiert und quantisiert, um es radiotauglich zu machen. Für mich ist das der Dolchstoß für den Rock’n’Roll.
Praktisch jede Band hat heute einen Rechner mit Aufnahme-Software im Proberaum – was bedeutet diese „Demokratisierung der Produktionsmittel“ für die Zukunft der Studios?
Zunächst finde ich es gut, wenn jeder die Möglichkeit hat, sich mit Hilfe erschwinglicher Technik zu verwirklichen. Es kann auch sehr reizvoll sein, mit limitierten Mitteln zu arbeiten, das hängt ganz von der eigenen Kreativität ab. Wer als Musiker allerdings ohne Kompromisse arbeiten möchte, wird nie um ein Studio herumkommen. Nicht nur wegen des Raums und der Technik, sondern auch wegen des Inputs von außen.
Verkaufen Sie noch Alben, oder kann man Musik heute nur noch verschenken?
„For Fuck’s Sake“ haben wir nach mehrmaligen Labelwechseln komplett in Eigenregie veröffentlicht. Vorher war es schon so, dass die Verkaufszahlen nach industriellen Maßstäben unbefriedigend waren. Das Album nun als limitierte LP-Auflage nur auf Konzerten und im eigenen Online-Shop zu verkaufen hat sich meiner Meinung nach bezahlt gemacht. Zumindest sind alle Produktionskosten drin, und die eine oder andere Runde im Pub ist auch bezahlt. Da muss man halt die Erwartungshaltungen relativieren. Leben kann von man von der Band nicht, aber wir können von vorne bis hinten kompromisslos sein. Das hat für uns den größten Wert.