Vier Windräder drehen sich auf einer Anhöhe im Schwarzwald bei Freiburg. Von Verspargelung redet heutzutage auch in der CDU niemand mehr. Foto: dpa

Mit einem neuen energiepolitischen Konzept will die Landtags-CDU aus der Defensive kommen.

Stuttgart - Mit einem neuen energiepolitischen Konzept will die Landtags-CDU die Energiewende nicht nur beschleunigen, sondern diese auch ökonomisch vernünftiger gestalten. Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit für Haushalte dürften nicht unter den Tisch fallen, sagte Fraktionschef Peter Hauk. Die Energiewende müsse ein ökonomisches Profil erhalten.

Das Ausbauziel ist nicht ganz so ehrgeizig wie das von Grün-Rot. Während Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) in den nächsten acht Jahren erreichen will, dass Wind, Sonne, Wasser und Biomasse den Strombedarf im Land zu 38 Prozent decken, rechnet die CDU mit 35 Prozent. Derzeit liegt der Anteil der erneuerbaren Energiequellen an der Stromerzeugung bei 16,9 Prozent.

Zulegen wollen die Christdemokraten sowohl bei Wasserkraft (von 7,8 auf neun Prozent) als auch bei der Fotovoltaik (von 3,1 auf acht Prozent). Zehn Prozent soll die Windenergie (derzeit 0,8) beisteuern, wobei dieser Ausbau nach Ansicht der CDU nur zur Hälfte in Baden-Württemberg, zur anderen Hälfte aber auf hoher See erfolgen soll. „Wir wollten die Windenergie dort produzieren, wo es ökologisch und ökonomisch sinnvoll ist“, sagte der energiepolitische Sprecher der Fraktion, Paul Nemeth.

600 neue Windräder bis 2020

Aber auch der Ausbau auf fünf Prozent würde bedeuten, dass im Südwesten bis 2020 rund 600 weitere Windkraftanlagen entstehen. Und das heißt, dass die CDU, die in ihrer Regierungszeit neue Windräder nur sehr restriktiv genehmigt hatte, über ihren Schatten springt. „Wir haben damit die teilweise lähmende und ätzende Diskussion um die Windkraft beendet“, sagte Nemeth. Gleichzeitig warf er der Landesregierung vor, sie verzögere mit ihrem Misstrauen gegenüber den Regionalverbänden den Ausbau.

Einen hohen Stellenwert nimmt im CDU-Konzept auch die Strom- und Wärmeeinsparung ein. Sie schlägt deshalb ein Förderprogramm zur energetischen Sanierung von privaten und öffentlichen Gebäuden vor. Ab 2015 sollen alle Besitzer von Altbauten verpflichtet werden, 15 Prozent ihres Wärmebedarfs aus erneuerbarer Energie zu decken. Derzeit gelten zehn Prozent. Ab 2013 sollen außerdem alle öffentlichen Gebäude mit Netz- und Regeltechnik ausgestattet sein.

Insgesamt 35 Millionen Euro sollte der Umweltminister nach Hauks Ansicht im Haushalt 2012 für diese Zwecke ausgeben. Die bisher eingeplanten 20 Millionen seien entschieden zu wenig. Vor allem aber müsse ein Energiekonzept ganzheitlich sein, meint Hauk: „Wir reden über den gesamten Energiemix, über Pumpspeicherwerke und über die Ertüchtigung der Netze.“

Gaskraftwerke sollen auch Wärme verkaufen

Damit die Energieversorger neue Gaskraftwerke bauen, die zur Stabilisierung des Netzes notwendig sind, empfiehlt die CDU einen zusätzlichen Renditeanreiz: Wenn Gaskraftwerke nicht nur Strom, sondern auch Wärme erzeugten, würden diese auch wieder rentabel. Der Ausbau des Fernwärmenetzes sei deshalb dringend nötig. Aber auch Kohle und Stromimporte spielen eine tragende Rolle im CDU-Konzept. Vom Bau neuer Kohlekraftwerke gehen die Christdemokraten allerdings nicht aus.

Umweltminister Franz Untersteller deutete das CDU-Konzept als Unterstützung für seinen Kurs. Noch ehrlicher wäre es allerdings gewesen, wenn die CDU-Fraktion die eigene Verantwortung, die sie in den letzten Jahren für die Energiepolitik im Land hatte, „etwas deutlicher gemacht hätte“, erklärte Untersteller. Er verwies auch auf Bayern, wo CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer davon ausgehe, dass zehn Prozent Windkraft bei der Stromerzeugung durchaus realistisch seien.

Bayern hat mächtig aufgeholt

Der Bundesverband Windenergie teilte unterdessen mit, dass Bayern im vergangenen Jahr beim Bau neuer Windräder in die Spitzengruppe der Länder aufrückte. Untersteller hatte vor kurzem beklagt, dass in Baden-Württemberg 2011 lediglich sechs neue Windkraftanlagen gebaut wurden. Als Ursache dafür gilt das alte Planungsrecht, dessen Reform noch nicht verabschiedet ist.

Die SPD kann keine wesentliche Kurskorrektur der CDU erkennen. Noch immer wolle sie die Windkraft mit „Mäßigungsappellen“ ausbremsen, sagte der Abgeordnete Johannes Stober. Dabei stünden viele Investoren Gewehr bei Fuß, um Wertschöpfung zu schaffen. Nach Ansicht des FDP-Abgeordneten Andreas Glück ist es wichtiger, die Netze auszubauen, anstatt ständig neue Planziele zu formulieren. Dennoch sei es zu begrüßen, dass die CDU das Bremserhäuschen verlasse.