Die Strafe für den früheren Fußball-Nationalspieler könnte im neuen Verfahren höher ausfallen. Foto: dpa/Peter Kneffel

Schon dreimal hat sich ein Gericht mit den Gewaltvorwürfen von Jérôme Boatengs Ex-Freundin gegen den Fußball-Weltmeister befasst. Nun geht der Prozess in die nächste Runde.

Im Sommer beginnt vor dem Landgericht München I ein neuer Prozess gegen den früheren Fußball-Nationalspieler Jérôme Boateng. Das Hauptverfahren gegen den Fußballprofi solle am 14. Juni beginnen, sagte Gerichtssprecher Laurent Lafleur am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Im September vergangenen Jahres hatte das Bayerische Oberste Landesgericht die Verurteilung des inzwischen 35-Jährigen wegen Beleidigung und Körperverletzung an seiner früheren Lebensgefährtin wegen Verfahrensfehlern aufgehoben.

Es gab damals aber nicht nur der Revision des Ex-Nationalspielers, sondern auch der von Staatsanwaltschaft und Nebenklage statt und verwies das Verfahren an das Landgericht München I zurück. Dort muss der Prozess nun komplett neu aufgerollt werden - Beweisaufnahme und Ausbreitung persönlichster Details inklusive. Die zentralen Fragen des jahrelangen Verfahrens: Hat der frühere Fußball-Star seine damalige Lebensgefährtin attackiert und beleidigt? Oder hat die Frau sich das alles ausgedacht im Streit um die Kinder?

Urteil könnte am 19. Juli fallen

Sechs Prozesstage sind im neuen Prozess angesetzt, um Antworten zu finden - deutlich mehr als in den bisherigen Hauptverhandlungen. Das neue Urteil könnte laut der Terminplanung des Gerichts am 19. Juli fallen. Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gilt für Boateng die Unschuldsvermutung.

Das Landgericht München I hatte Boateng im Oktober 2022 wegen Angriffen auf seine Ex-Freundin in einem Karibik-Urlaub in zweiter Instanz wegen Körperverletzung und Beleidigung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 10 000 Euro verurteilt - insgesamt 1,2 Millionen Euro. 

Doch dabei machte der Vorsitzende Richter einen entscheidenden Fehler, wie das Bayerische Oberste Landesgericht im vergangenen Jahr feststellte: Denn nachdem die Verteidigung einen Antrag auf Befangenheit gegen ihn gestellt hatte, war er selbst an der Entscheidung beteiligt, diesen abzulehnen. Ein Rechtsverstoß, der nun die neue Verhandlung nötig macht.

Boatengs Anwalt in dem Revisionsprozess, Leonard Walischewski, hatte in erster Linie aus diesem Grund die Aufhebung des Urteils gefordert. „Das Verfahren war erschütternd unfair“, sagte er im September. „Der Angeklagte Boateng war schon endgültig verurteilt, bevor das Berufungsverfahren überhaupt begonnen hatte.“

Die Aufhebung des Urteils begrüßte er - allerdings kann die Strafe in dem neuen Verfahren im für Boateng ungünstigsten Fall auch höher ausfallen. Denn auch der Revision von Staatsanwaltschaft und Boatengs Ex-Freundin, die als Nebenklägerin in dem Verfahren auftritt, gab das Revisionsgericht statt.

Das Verfahren gegen den langjährigen Verteidiger des FC Bayern München zieht sich schon lange hin. Das Amtsgericht München hatte bereits im Jahr 2021 eine Geldstrafe gegen Boateng verhängt: 60 Tagessätze zu je 30 000 Euro, also insgesamt 1,8 Millionen Euro. Ab mehr als 90 Tagessätzen gelten Verurteilte als vorbestraft.