Lufthansa und Germanwings wollen mehr Fluggäste nach Stuttgart locken - Neue Flugziele.

Stuttgart - Die Lufthansa und ihr Sprössling Germanwings wollen mit einem "harmonisierten" Flugangebot 2012 in Stuttgart eine halbe Million mehr Fluggäste erobern. Die Stuttgarter Firma Contact Air, die Jahrzehnte für die Lufthansa flog, wird nur noch bis Herbst gebraucht.

Die Zeit der verschämten Zusammenarbeit zwischen den Firmen ist vorbei. Am Mittwoch gingen das Lufthansa-Vorstandsmitglied Carsten Spohr und der Germanwings-Chef Thomas Winkelmann in die Offensive. Sie kündigten eine neuartige Zusammenarbeit, "engere Verzahnung der beiden Marken" und abgestimmte Vermarktung von Flügen bei Privat- und Firmenkunden an. Den Plan verstehen sie als "Blaupause", die bis Herbst 2012 auch auf die anderen Flughafenstandorte in Deutschland angewendet werden soll.

Germanwings übernimmt die Europa-Flüge der Lufthansa

Die Firma Contact Air, die seit 27 Jahren im Regionalverkehr für die Lufthansa fliegt, wird nach Ablauf des Sommerflugplans 2012 ausgemustert. Das Lufthansa-Konzernmitglied Germanwings übernimmt Zug um Zug alle Europa-Flüge der Mutter. Im Februar macht Germanwings mit London-Heathrow den Anfang. Zudem will sie 2012 drei eigene neue Europaziele anbieten: Venedig, Catania und Dubrovnik. In Deutschland kommt Bremen dazu. Ansonsten teilen sich die Partner den Deutschlandverkehr auf. Lufthansa übernimmt exklusiv die Drehkreuze Düsseldorf, Frankfurt und München sowie den Flughafen Hamburg. Germanwings bedient neben Bremen Dresden, Hannover, Rostock und Leipzig. Berlin wird mit einem abgestimmten Flugplan und abgestimmten Preisen von beiden angeflogen. Dass im Abstand von fünf Minuten zwei Maschinen nach Berlin starten, soll es künftig nicht mehr geben. Die Frequenz bei Berlin werde etwas zurückgehen, hieß es am Mittwoch. Dafür werde es über den Tag hinweg einen ausgewogenen Flugplan geben.

Die Zahl der verfügbaren Tickets wird nicht nur auf der Berlin-Strecke zunehmen. In Zeiten mit hohen Kerosinpreisen und hohen Abgaben an den Staat setzt die Lufthansa auf größere Maschinen, weswegen die Contact Air mit ihren Maschinen vom Typ Fokker100 mit 100 Passagiersitzen ins Abseits gerät. Auf der Strecke nach London wird künftig ein Airbus A319 mit 150 Sitzplätzen fliegen - wie später nach Bilbao, Brüssel, Manchester und Mailand.

Germanwings musste Spitzenplatz an Air Berlin abgeben

Germanwings peilt eine Steigerung der Fluggastzahl in Stuttgart von zwei Millionen in diesem Jahr auf 2,7 Millionen in 2012 an. Die Lufthansa kalkuliert mit einem Rückgang um 200.000 Passagiere. Unterm Strich will man als "Lufthansa Group" in Stuttgart rund 500.000 Reisende hinzugewinnen. Die Zahl der angebotenen Tickets soll wie die Passagierzahl um 30 Prozent wachsen, den Marktanteil in Stuttgart will man auf gut 40 Prozent aller Fluggäste steigern. Dass Germanwings für ein Jahr den Spitzenplatz an Air Berlin habe abgeben müssen und bei knapp 20 Prozent landete (Lufthansa: etwa 15 Prozent), habe ihn und seine Kollegen gewurmt, gestand Winkelmann. Der Konzern will an den sechs wichtigsten Standorten in Deutschland Marktführer sein. Neben Stuttgart fehlt da noch Berlin. Winkelmann strebt in Stuttgart jetzt 28 bis 29 Prozent allein für Germanwings an. Darum sollen vom Sommer an zehn statt sieben Jets in Stuttgart stationiert sein. Mit ihnen werden dann 48 statt bisher 39 Ziele angeflogen. All dies ist Musik in den Ohren von Flughafenchef Georg Fundel. 500.000 Fluggäste dürften den Umsatz seiner Firma um rund zehn Millionen Euro steigern.

Außerdem: Der Trend zu größeren Maschinen und weniger Flugbewegungen verstärkt sich. Die einzige Piste in Echterdingen hat dadurch größere Reserven als vor Jahren. "Die Lufthansa wagt einen tollen Schritt", attestierte Fundel dem Konzern. Die Herausforderung werde sein, auch bei den Kunden den Konzerngedanken zu wecken und sie zum Wechseln zwischen den beiden Fluggesellschaften zu gewinnen.

Auch Germanwings-Kunden können Miles-and-More-Meilen sammeln

Dafür haben sich Lufthansa und Germanwings einiges einfallen lassen. Auch Passagiere des früheren Günstigfliegers werden vom 1. Januar an im Lufthansa-Programm Miles and More Bonusmeilen sammeln können. Durch ein verzahntes Internetangebot will man den Kunden auch die Kombination von Flügen beider Airlines erleichtern. Die feinen Unterschiede beim Service und bei Gratis- oder Bezahlleistungen bleiben.

Wie es bei der Contact Air weitergeht, ist offen. Sechs ihrer acht Flugzeuge sind bisher noch für die Lufthansa unterwegs, zwei für die Lufthansa-Tochter Swiss. Die 1974 gegründete Contact Air beschäftigt am Standort Stuttgart rund 230 Mitarbeiter, in Saarbrücken weitere hundert - zur Belegschaft gehören 83 Piloten, 90 Flugbegleiter und 40 Mitarbeiter in Verwaltung und Flugbetrieb. Ende Oktober habe man von der Kündigung der Verträge erfahren, sagte Geschäftsführer Manfred Gärtner. Sie betreffe nicht das Engagement für Swiss. Man suche bis Herbst einen neuen Partner oder Investor und sei optimistisch.