Clowns und Akrobaten – wenn „Die Aristokraten“ auftreten, ist das ein wahrer Zirkus. Foto: Max Kovalenko

Während auf der Bühne in den kommenden zwei Monaten das skurrile höfische Leben pulsiert, glühen hinter den Kulissen weiter die Telefondrähte. Denn bislang ist noch unklar, ob und wie es 2014 für das Varieté weitergeht. Die Direktorin zeigt sich optimistisch – und hofft auf Ratschläge aus dem Rathaus.

Stuttgart - So recht nach Feiern ist im Friedrichsbau Varieté derzeit eigentlich niemandem zumute. Doch die Verantwortlichen beschwören angesichts der finanziellen Lage erst recht die Qualitäten ihres Kerngeschäfts – attraktiv bleiben für mögliche Sponsoren ist das oberste Gebot, getreu dem Motto: The show must go on.

Die barocke höfische Gesellschaft versteht sich ganz gut aufs Feiern. Das verkörpert beim Programm der „Artistokraten“ niemand so gut wie Clown und Akrobat Martin van Bracht, der zu Beginn auf einem mit Federn dekorierten Fahrrad durch den Saal rollt. Mit alberner Leichtigkeit frönt er als Fürst in weißer Robe der Dekadenz seines Hofes: Affektiert kichernde Damen und treu ergebene Bedienstete tanzen oder kämpfen um eine Sahnetorte, und schwupp, ist die ohnehin schief sitzende Perücke des Fürsten entwendet.

Darunter steckt aber kein einziges Haar – ideale Voraussetzungen für die windschnittige, mit skurrilen Tanzeinlagen angereicherte Partnerakrobatik, die van Bracht mit seinem Kollegen Felix Ahlert zum Besten gibt. „Antoine, ich transpiriere“, ruft der Fürst seinem Diener empört zu. „Nicht doch“, entgegnet der, „Sie glänzen!“

Spielbetrieb bewegt sich derzeit auf dünnem Eis

Auf dem Kopf einen Hut beginnt Kathrin Mlynek ihre virtuose Hula Hoop-Einlage, am Trapez schwingt sich Caroline Schroeck athletisch empor und verheddert sich in ihrem Kleid, bis sie wie eine Mumie aussieht. Kurz: Mit dem Gastspiel des achtköpfigen Ensembles landet einmal mehr das pralle Artistenleben auf der Varietébühne.

Doch der Spielbetrieb bewegt sich derzeit auf dünnem Eis. Das Varieté, seit 19 Jahren im Untergeschoss des L-Bank-Gebäudes an der Friedrichstraße beheimatet, muss kämpfen: Um gute Shows natürlich, vor allem aber um neue Sponsoren. Anfang Januar hatte die L-Bank erklärt, ihre Förderung in Höhe von jährlich 750 000 Euro einzustellen. Nun braucht das Varieté ab Januar 2014 dringend einen oder besser mehrere kleinere Sponsoren. Da der Pachtvertrag, insgesamt 120 000 Euro Miete und Nebenkosten jährlich, sechs Monate im Voraus gekündigt werden muss, ist Eile geboten.

Rund 50 Briefe habe man in den letzten Wochen an potenzielle Sponsoren verschickt, sagt Direktorin Gabriele Frenzel. „Wir hatten schon einige Gespräche, die teils positiv waren“, erläutert sie. „Auch wenn die Mühlen langsam mahlen: Wir sind zuversichtlich, dass wir eine Lösung finden.“ In Kultureinrichtungen liegen derzeit Unterschriftenlisten aus, rund 4000 symbolische Solidaritätsbekundungen sind es bereits. Um ihr Haus zu retten, könnte sich Gabriele Frenzel vieles vorstellen – auch Stuhlpatenschaften nach dem Vorbild des Renitenztheaters, wo sie für 250 bis 500 Euro zu bekommen sind. Rechnet man das durch, könnten so eine Jahresmiete reinkommen.

inanziell helfen darf die Stadt nicht

Auch von Seiten der Stadt besteht offenbar Interesse an Gesprächen. So soll noch im April ein Treffen der Varieté-Führung mit Oberbürgermeister Fritz Kuhn und Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann stattfinden. Finanziell helfen darf die Stadt allerdings nicht, denn als privatwirtschaftliches Unternehmen ist das Friedrichsbau Varieté nicht förderbar. Frenzel geht es daher um ein wenig Hilfestellung, etwa bei der Suche nach einer alternativen Spielstätte.

Und wenn alle Bemühungen nicht fruchten? „Wir können den Vertrag monatlich kündigen“, sagt Frenzel. Da die Miete „nicht so wahnsinnig hoch“ liege, könne man notfalls noch ein paar Monate überbrücken. Dennoch: Spätestens in der zweiten Jahreshälfte muss ein Sponsor gefunden werden – schließlich beginnen bereits die Programm-Planungen fürs kommende Frühjahr.

„Die Artistokraten“, Friedrichsbau Varieté, 19. April bis 16. Juni, mittwochs bis samstags 20 Uhr, sonntags 18 Uhr; Karten zum Preis von 22 bis 42 Euro unter Telefon 225 70 70, an der Kasse oder unter www.friedrichsbau.de