Krin Beck ist die neue Pächterin der Gaststätte Lehen. Foto: Ina Schäfer

Dekorieren verboten: Mit Karin Beck ist erstmals seit Jahrzehnten wieder eine Frau Chefin des Hauses. Die Stammgäste haben aber ganz genaue Vorstellungen von „ihrer“ Kneipe.

Stuttgart - Einen Blumenstrauß darf sie gerade noch auf den Tresen stellen. „Mehr Deko geht aber nicht“, sagt Karin Beck lachend. Seit Februar leitet die 56-Jährige das Wirtshaus Lehen im Stuttgarter Süden. Nach Jahrzehnten ist damit nun erstmals seit Kriegszeit wieder eine Frau Chefin des Hauses. Das Lehen ist eine Traditionseinrichtung, 1904 eröffnet, eine Eckkneipe mit Stammkundschaft. „Hier wird sehr darauf geachtet, dass alles so bleibt wie es ist“, sagt Karin Beck. Aber genau das, mache das Lehen so besonders und liebenswert. „So viele Geburtstage wie hier seit Februar, habe ich noch nie miterlebt“, sagt sie. Für viele ist das Lehen wie ein zweites Wohnzimmer, die Feierlichkeiten werden traditionell am liebsten in der Bibliothek abgehalten. Manchmal, so scheint es, gehört das Lehen den Gästen mehr, als der Besitzerin und deren Personal. „Viele waren schon während ihrer Studi-Zeiten Stammgäste und kommen heute mit den Kindern zum Essen hierher“, sagt die neue Pächterin. Es gibt etwa eine Damenrunde, die im Stuttgarter Süden aufgewachsen ist und jeden Freitag im Lehen zum Mittagstisch kommt (das traditionelle Gericht: panierter Fisch mit Kartoffelsalat). Manchmal bringen sie Kuchen mit, den sie unter den anderen Gästen verteilen. Es gibt einen Eisenbahner-Stammtisch, der in regelmäßigen Abständen seine Modelle im Gasthaus aufbaut. Die Liste lässt sich beinahe endlos fortsetzen. „Das Lehen hat für viele einen sehr hohen Stellenwert, hier werden liebevolle Traditionen gepflegt. Ich bin froh, den Schritt gewagt zu haben, es gibt nicht mehr so viele Orte wie das Lehen“, sagt sie. Die Gäste kennen sich untereinander, wissen voneinander und kümmern sich.

Lange hat Karin Beck überlegt sich selbstständig zu machen. Eigentlich war sie dafür auf der Suche nach einer Tagesbar oder einem Café. Dass es jetzt ein Wirtshaus geworden ist, ist einem Zufall geschuldet. „Ich stehe manchmal immer noch im Keller vor all den Kisten und Fässern und denke: für all das Bier bin also jetzt ich verantwortlich“, sagt sie lachend.

Verantwortlich für eine Menge Bier

Zuvor hat Karin Beck viele Jahre in der Gastronomie gearbeitet, etwa im Café Kaiserbau. Die vergangenen Jahre hingegen in einem Bürojob. „Ich liebe es aber Kontakt zu den Menschen zu haben, Gäste zu umsorgen, das liegt mir sehr“, sagt sie. Dafür ist sie im Lehen an einem optimalen Ort angekommen. 36 Jahre hat ihr Vorgänger Gert Ehret das Lehen geführt, hat die Stammkundschaft gepflegt und aufgebaut. Damit es einen fließenden Übergang zwischen den Pächtern gibt, hat Karin Beck schon vor Vertragsunterzeichnung im Lehen gearbeitet, hat die Gäste kennengelernt und das Personal, das sie komplett übernommen hat. Darauf habe Gert Ehret großen Wert gelegt.

Die Inneneinrichtung wird aus genannten Gründen gleich bleiben, die alten Schinken an den Wänden, die Emaille-Schilder, das Bücherregal, die schwere Holztheke, die noch im Originalzustand erhalten ist. Einzig was die Technik betrifft soll die Eckkneipe an der Lehenstraße 13 nach und nach modernisiert werden. Auch die Möblierung der Terrasse soll aufgefrischt werden. Die Speisekarte und die Internetseite sind schon erneuert worden, „Das Lehen – Gaststätte im Lehenviertel“ ist dort in stilvoll gezeichneten Lettern zu lesen. Schwäbisch, gut-bürgerlich bleibt die Karte weiterhin, Maultaschen sind darauf zu finden, mit Fleisch und vegetarisch, Schnitzel und Käsespätzle. Das Fleisch wird aus der Region bezogen, sagt Karin Beck, die den Kontakt zur Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall noch weiter ausbauen möchte.

Auch wenn es ein fließender Übergang war, gab es im Februar, nach Vertragsunterzeichnung ein großes Fest im Lehen mit Band. Vieles wird sich noch einpendeln in den nächsten Monaten. Ihr Vorgänger steht ihr noch immer, wenn nötig, mit Rat und Tat zur Seite. Und nicht zu vergessen auch die Gäste, denn, sagt Karin Beck: „Das Lehen wird von den Gästen gemacht.“