Die SSB investiert in neue Strecken, zum Beispiel im Europaviertel Foto: Leif Piechowski

Die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) rechnen auch wegen fehlender Zuschüsse mit einem stark steigenden Schuldenstand: Den Aufschlag der Fahrpreise um 2,9 Prozent des Verkehrsverbundes Stuttgart (VVS) ab 2015 begrüßt der Betrieb deshalb.

Die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) rechnen auch wegen fehlender Zuschüsse mit einem stark steigenden Schuldenstand: Den Aufschlag der Fahrpreise um 2,9 Prozent des Verkehrsverbundes Stuttgart (VVS) ab 2015 begrüßt der Betrieb deshalb.

Stuttgart - Bereits am 1. Juli will der Aufsichtsrat der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) die nächste Preisrunde im Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) einläuten. Die SSB-Kontrolleure sollen über ein Papier beraten, das einen Aufschlag von 2,9 Prozent zum 1. Januar 2015 vorsieht. Durch die VVS-Struktur kann die SSB den Preis bestimmen.

In dem städtischen Nahverkehrsbetrieb kursieren Zahlen, die noch deutlich höher liegen. 3,4 Prozent wären angeblich nötig, um die in diesem Jahr von der Gewerkschaft Verdi ausgehandelten Lohnerhöhungen (drei und 2015 dann 2,4 Prozent), die höheren Aufwendungen durch ein besseres Angebot (Taktverdichtung) und Investitionen auszugleichen. 3,4 Prozent seien aber in den auch politisch besetzten SSB- und VVS-Gremien nicht durchsetzbar. Einen solchen Aufschlag (3,5 Prozent) genehmigte sich der Verbund zuletzt 2007.

„Die Verkehrsunternehmen investieren ständig in die Infrastruktur und in ihre Fahrzeuge, dafür erhalten sie aber immer weniger Zuschüsse“, nennt VVS-Sprecherin Nadine Szymanski weitere Preistreiber.

Die Fahrkarte im VVS deckt heute etwa die Hälfte der tatsächlichen Kosten. Der Rest sind Zuschüsse, vor allem der Umlagefinanzierte des Verbands Region Stuttgart. Beides zusammen reicht bei den SSB nicht aus, um den Betrieb mit schwarzen Zahlen zu führen. Weil das Land seine Fahrzeugförderung auf Null gesetzt hat, bei den SSB aber auch in die Infrastruktur wie Tunnel und Leit- und Sicherungstechnik investiert werden muss, rollt auf den städtischen Betreib eine Schuldenlawine zu.

„Unsere Verschuldung wird sich mittelfristig von 190 auf 340 Millionen Euro erhöhen“, sagt SSB-Vorstandssprecher Reinhold Bauer. Allein die bis 2017 bestellten 40 Stadtbahnwagen kosten 160 Millionen Euro. Das Geld kommt von der Bank. Bisher fährt die SSB jährlich rund 20 Millionen Euro Defizit ein. Die Stadt gleicht es über Finanzanlagen und den Querverbund mit den Stadtwerken aus. Die 20 Millionen werden aber nach 2016 nicht mehr reichen.

„Unsere Prognose liegt dann bei jährlich über 30 Millionen Euro Defizit“, sagt Bauer. Allein der Kapitaldienst, also Zins und Tilgung, machen die Hälfte des Defizits aus. Dabei werden die neuen Stadtbahnwagen auf eine 25-jährige Nutzungsdauer abgeschrieben. Tatsächlich fahren sollen sie aber 40 Jahre. Die SSB ist offenbar unterfinanziert. In den nächsten zwei Jahren sollen Immobilien- und Grundstücksverkäufe Geld in die Kasse bringen.

Ist das Tafelsilber weg, wird die Schuldenlawine unweigerlich zum Thema für den neu gewählten Gemeinderat. Aus dem kommen Forderungen nach weiteren Taktverbesserungen. So sollen Busse und Stadtbahnen in der City mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2014 bis 20.30 Uhr im Zehn-Minuten-Takt fahren. Die zusätzliche Stunde Taktverdichtung könnte bis zu zwei Millionen Euro kosten. Und zwar jedes Jahr.

Bauer kritisiert, dass das Land Zuschüsse für neue Schienenfahrzeuge komplett gestrichen habe. „Die Förderung steht noch im Gesetz, der Topf ist aber leer“, so Bauer. Das Land will bald ohne neue Schulden auskommen und spart. Das macht sich auch bei der Infrastruktur bemerkbar. Sie ist sowohl bei Bahn und SSB in die Jahre gekommen. Allein für die Sanierung von Tunneln und Technik hält die SSB künftig rund 50 Millionen Euro jährlich für nötig. „Früher gab es vom Land 85 Prozent Zuschuss für die Infrastruktur, jetzt noch 50“, sagt Bauer. Der Bund, der für Investitionen über 50 Millionen Euro zuständig ist, habe seine Rate von 85 auf 80 Prozent gesenkt und diverse Pauschalierungen eingeführt. Die Aussichten für die VVS-Kunden werden nicht besser.