In Bernhausen entsteht voraussichtlich bis zum Herbst am S-Bahnhof eine Pedelec-Leihstation. Leinfelden-Echerdingen steht bei dem regionalen Projekt im Abseits.
Filder - Seit etwa einem Vierteljahr haben Bürger in Bietigheim eine zusätzliche Möglichkeit, mobil zu sein, ohne das Auto benutzen zu müssen. Am S-Bahnhof stehen Fahrräder mit Elektromotor, besser bekannt als Pedelecs oder E-Bikes, zum Ausleihen bereit. Das Angebot gilt für Pendler, die von der Bahn nach Hause wollen ebenso wie für Ausflügler, die zu einer Radtour aufbrechen wollen.
Nach dem Start in Bietigheim werden in diesem und im nächsten Jahr weitere S-Bahnhöfe in der Region mit solchen E-Bike-Stationen aufgerüstet. Auch Filderstadt, als besonders fahrradfreundliche Kommune landesweit bekannt, will sich in das Netz der Elektromobilität einbinden lassen. Am Bahnhof in Bernhausen soll eine dieser standardisierten Pedelec-Stationen entstehen.
Rechtzeitige Beratung zugesichert
Das Büro Namoreg, ein eigens vom Nahverkehrsverband Baden-Württemberg gegründetes Büro zur Entwicklung einer nachhaltig mobilen Region Stuttgart, plant mit einem Betriebsbeginn bereits in diesem Herbst. Das setzt allerdings voraus, dass die Gremien des Gemeinderats in einer der nächsten Sitzungen die notwendigen Beschlüsse fassen. Die rechtzeitige Beratung sei ihm zugesichert worden“, sagt Rainer Gessler, der Leiter des Namoreg-Büros in Stuttgart.
Für die nach und nach an S-Bahnhöfen zu errichtenden E-Bike-Stationen stellt der Verband Region Stuttgart (VRS) 2014 und 2015 insgesamt 1,3 Millionen Euro als Starthilfe zur Verfügung. Ausgestattet sind die Verleihstationen nicht nur mit jeweils zehn Leih-Rädern, sondern auch mit sechs bis zehn sicheren Abstell- und Lademöglichkeiten für private Pedelecs. Zur Stromerzeugung sind die ganzjährig geöffneten Einrichtungen mit Solaranlagen auf dem Dach und Stromspeichern ausgestattet.
L.-E. geht leer aus
Während neben Filderstadt zum Beispiel auch Esslingen, Ludwigsburg, Herrenberg oder Plochingen mit einer Grundausstattung an Elektrofahrrädern rechnen können, geht Leinfelden-Echterdingen zunächst leer aus. „Es sei denn“, sagt Gessler, „ein anderer Interessent springt noch ab.“ Der Geschäftsstellenleiter nennt auf Nachfrage der Filder-Zeitung den Grund für die Abstinenz. Die Große Kreisstadt habe sich auf Anschreiben nicht zurückgemeldet. „Der Info-Termin für das Projekt war für alle Bahnstandortkommunen am 27. Juli 2012“, erinnert sich Gessler. Daran habe L.-E. nicht teilgenommen.
Der FDP-Stadtrat Wolfgang Haug findet die Abwesenheit Leinfelden-Echterdingens bei diesem Projekt, von dem er kürzlich aus einer Kundenzeitschrift des Verkehrs- und Tarifverbunds Stuttgart (VVS) erfahren hat, höchst bedauerlich. Bei der jüngsten Sitzung des Technischen Ausschusses bat er die Stadtverwaltung um Aufklärung. Sein Eindruck: „Wir bemühen uns nicht so sehr, an Fördergelder zu kommen.“ Gegenüber unserer Zeitung kritisiert er das Desinteresse mit deutlichen Worten: „Wir müssen beim Stadtmarketing auch Qualität liefern. Bunte Fahnen am Wegesrand allein reichen nicht aus.“
Bürgermeisterin sucht nach anderen Fördertöpfen
Dabei hätte es gerade für Leinfelden-Echterdingen besonders reizvoll sein können, sich um eine Teilnahme an dem bislang bundesweit einzigartigen Modellprojekt zu bemühen: Immerhin befinden sich, den Flughafen eingerechnet, vier S-Bahn-stationen auf der Gemarkung der Großen Kreisstadt. Auch die neue Baubürgermeisterin Eva Noller wurde von der Faktenlage überrascht. Sie will sich aber „nicht über die Vergangenheit ärgern“, sondern begibt sich bereits auf die Suche nach weiteren Fördertöpfen, die angezapft werden könnten. Darüber werde sie demnächst im Ausschuss berichten, sagt Noller, die gemeinsam mit Gemeinderat und Bürgern ein innovatives innerstädtisches Mobilitätskonzept erarbeiten will. Lademöglichkeiten für E-Bikes an Bahnstationen gehören für sie dazu.
Drei Tarife für die Leih-Pedelecs
Konzeptentwicklung
Die „Nachhaltig mobile Region Stuttgart“ (Namoreg) ist 2011 vom Land, dem Verband Region Stuttgart und der Landeshauptstadt gegründet worden. Ihr Auftrag ist das Entwickeln und Umsetzen innovativer und nachhaltiger Mobilitätskonzepte. Insgesamt 13 Kommunen aus der Region machen aktuell beim Pedelec-Projekt mit.
Partner
Die Firma Nextbike betreibt die Stationen in der Region. Das Unternehmen bietet bereits in mehr als 30 Städten bundesweit öffentliche Fahrradverleihsysteme an.
Tarife
Der Verleih ist via Hotlineanruf bei Nextbike, per Smartphone-App oder am Stationsterminal möglich. Drei Tarife (Tagespauschale, Stunden- oder Nachttarif) bietet der Verkehrsverbund (VVS) an. Inhaber eines VVS-Mobilitätspasses erhalten Ermäßigungen. Vor der ersten Nutzung ist eine Registrierung bei Nextbike erforderlich.