Nebenan.de sorgt für gute Nachbarschaft: im virtuellen wie im richtigen Leben. Foto: Fatma Tetik

Egal ob Gurken für einen Salat oder ein freiwilliger Blumengießer: Auf Nachbarschaftsplattformen finden Menschen zueinander. Dabei bleibt es nicht bei digitalen Kontakten.

Möhringen - Wer kennt das nicht? Zum Backen fehlt ein Ei, oder für den Aufbau eines Regals wird eine Bohrmaschine benötigt. Was tun? Bei den Nachbarn klingeln und um Hilfe bitten? Das kommt für immer weniger Menschen infrage. Zu groß ist die Hemmschwelle, um in direkten Kontakt zu treten. Das gilt insbesondere für neu zugezogene Bürger. So ging es auch Wolfram Christoph Eckard, als er im vergangenen Jahr in einem Hochhaus mit 140 Wohnungen im Fasanenhof eingezogen ist. „Ich kannte niemanden“, sagt er. Zu dieser Zeit hat Eckard über seine Freundin vom Nachbarschaftsnetzwerk nebenan.de gehört. „Ich fand die Idee sehr gut und habe schließlich die Gruppe für den Fasanenhof gegründet“, sagt er.

Das Berliner Start-up-Unternehmen, welches 2015 gegründet worden ist, bietet eine kostenlose Plattform, auf der Nachbarn eines Bezirks zueinanderfinden, sich kennenlernen, austauschen und sich gegenseitig behilflich sein können. Dabei dient der digitale Klick als Türöffner für reale Kontakte in die analoge Welt, erklärt die Ansprechpartnerin der Gruppe, Susanne Brodt. „Mit dem Netzwerk wollen wir aktiv gegen die wachsende Vereinsamung und Anonymität im Stadtteil angehen“, sagt Brodt, die bereits in dritter Generation im Stadtbezirk lebt.

Über 140 Möhringer sind bereits angemeldet

Ähnlich wie soziale Netzwerke wie Facebook und Co. dient das Nachbarschaftsnetzwerk zum einen als digitales, Schwarzes Brett, das sich jedoch auf die unmittelbare Nachbarschaft beschränkt. Wer nach einem Arzt, Babysitter, einer Putz- oder Einkaufshilfe oder aber nach einer Person sucht, die im Urlaub die Blumen gießt und den Briefkasten leert, erhält nur Angebote von realen Nachbarn aus seiner Umgebung. Der Vorteil: Die Menschen wohnen höchstens ein paar Minuten voneinander entfernt. Durch die niederschwellige Kontaktaufnahme über PC oder Smartphone-App entstehen im Idealfall persönliche Beziehungen. „Das Interesse an dem Netzwerk ist sehr groß“, berichtet Brodt. Wenige Tage nach Gründung der Ortsgruppe seien bereits mehr als 40 Bewohner registriert gewesen. Mittlerweile sind es über 140 Nachbarn.

Damit sich auch wirklich nur Menschen aus dem entsprechenden Gebiet anmelden, muss man entweder ein amtliches Dokument vorweisen oder man lässt sich eine Postkarte mit einem Zugangscode zuschicken. Laut Betreiber sind alle Daten geschützt und werden nicht weitergegeben. Suchmaschinen können die Beiträge nicht auslesen. Mitlesen kann nur die direkte Nachbarschaft, die ebenfalls registriert sein muss.

Spieleabende fördern die nachbarschaftlichen Beziehungen

Die Nutzer der Plattform fragen nach Einmachgläsern, nach einem Geocaching-Partner, nach Jogginggruppen, informieren sich über Baustellen oder benötigen Gurken, wie neulich Susanne Brodt. „Ich war auf eine Feier eingeladen, zu der ich einen Gurkensalat mitbringen musste. Ich hatte jedoch vergessen, welche zu kaufen“, sagt sie. Mit wenig Hoffnung habe sie schließlich einen digitalen Hilferuf auf der Plattform abgesetzt. „Am Ende habe ich mehrere Gurken bekommen“, erzählt Brodt.

Inzwischen hat sich auch eine Gruppe gegründet, die regelmäßig zu Gesellschaftsspielen zusammenkommt. Die Abende werden per Aushang am Cap-Markt Fasanenhof oder am Einkaufszentrum im Europaplatz angekündigt. Demnächst sollen Veranstaltungen wie eine Weinprobe oder Spätzleschab-Kurse stattfinden, um die nachbarschaftlichen Beziehungen zu fördern. Susanne Brodt hat über nebenan.de 20 neue Nachbarn kennengelernt und hofft, dass sich noch mehr auf der Plattform anmelden. „Denn eine gute Nachbarschaft funktioniert nur so gut, wie sich jeder einzelne Nachbar einbringt“, sagt sie.