Des einen Freud, des anderen Leid: die Anwohner der Weinstraße sind mittlerweile allergisch gegen Motorengeräusche. Foto: Gottfried Stoppel

Die Anwohner in der Weinstraße in Schnait oder am Ortsrand von Stetten leiden seit Jahren unter Motorenlärm. Bei einem Ortstermin wurden jetzt Maßnahmen gegen rasende Motorrad- und Autofahrer besprochen.

Weinstadt - Wir laden sie gerne mal zum Grillen am Sonntagnachmittag zu uns in den Garten ein“, unterbricht eine Anwohnerin der kurvigen Weinstraße in Weinstadt-Schnait die Ausführungen des Lärmschutzbeauftragten der Landesregierung Thomas Marwein. Der Landtagsabgeordnete war gemeinsam mit seinem Kollegen Jochen Haußmann und dem Weinstädter Oberbürgermeister Michael Scharmann zu einem Vororttermin nach Schnait gekommen, um den nach eigenen Angaben schwer lärmgeplagten Anwohnern mögliche Maßnahmen aufzuzeigen, wie der Lärmbelästigung Herr zu werden sei.

Die Weinstraße ist eine steil ansteigende, sehr kurvenreiche Straße am Ortsausgang in Richtung des Winterbacher Teilorts Manolzweiler. Dort geben die Motorradfahrer gerne auch schon vor dem Ortsschild Gas und ziehen so den Zorn der dort lebenden Menschen auf sich. „Nachts um zwei Uhr rasen die immer wieder hoch und runter“, empört sich eine Anwohnerin, an schlafen sei da nicht zu denken.

Tempo 40 hat nicht die gewünschte Wirkung

In den vergangenen Jahren gab es in dort immer wieder langfristige Lärmmessungen, zuletzt im Sommer 2016. Als erste Maßnahme wurden dann Plakate zur Lärmprävention an der Straße aufgestellt, mit denen an die Vernunft der Motorradfahrer zu einer leiseren Fahrweise appelliert werden sollte. Nachdem die Wirkung dieser Plakate allerdings gering war, beschränkte die Stadt 2014 die zulässige Höchstgeschwindigkeit am Wochenende auf Tempo 40, was laut Oberbürgermeister Scharmann jedoch auch nicht die gewünschte Wirkung erzielte. Auf seine Initiative sei dann in diesem Jahr regelmäßig auch am Wochenende mit mobilen Geräten die Geschwindigkeit mehrfach gemessen worden. Das Ergebnis sei jedoch sehr dürftig gewesen. Nur wenige Fahrer seien mit einer knappen Übertretung der zugelassenen 50 Stundenkilometer geblitzt worden. Daher mache es seiner Meinung nach auch keinen Sinn, ein stationäres Messgerät für einen sechsstelligen Betrag in dem Bereich aufzustellen.

„Überall wo es Weinberge gibt, gibt es kurvenreiche Steigungen“, stellte der Lärmschutzbeauftragte fest. Da diese speziellen Strecken Motorradfahrer förmlich anlockten, sei das Lärmproblem ein flächendeckendes und fast überall in Baden-Württemberg virulent. In welchem Gang und bei welcher Geschwindigkeit die Biker dabei führen, spiele nicht die entscheidende Rolle. „Die Motorräder sind heute alle legal zu laut“, erklärte Thomas Marwein unter dem Beifall der Anwohner.

Eine Lösung für das Lärmproblem sehe er allerdings auch nicht, da die geltenden Normen UN-Normen seien, die kaum von einer Kommune oder einem Landesparlament verändert werden könnten. Außerdem kenne die Lobby sämtliche Schlupflöcher, was eine effektive Bekämpfung des Motorradkrachs zu einem aussichtslosen Kampf werden ließe.

Jochen Haußmann bestätigte noch mal, dass man auf Landesebene wohl auch nichts ausrichten könne, appellierte aber an die Stadt, die von den Bürgern vorgeschlagenen verkehrsberuhigenden Maßnahmen sowie eine Verlängerung des Tempo-50-Bereichs über die Ortsgrenze hinaus zu prüfen und mit den Anwohnern in Kontakt zu bleiben. Als Ergebnis wurde festgehalten, dass bald die bereits in den letzten zwei Jahren zum Einsatz gekommene Motorradlärm-Displayanzeige für drei weitere Jahre wieder aufgestellt werden soll. Der Beifall der Anwohner für diesen Vorschlag hielt sich indes in Grenzen.

Auch Ferrarifahrern soll die Strecke gefallen

Auch Bewohner am Ortsrand und entlang der Durchgangsstraße in Kernen-Stetten klagten Jochen Haußmann ihr Leid: Das Steilstück der Straße nach Esslingen vom Ortsausgang an hört sich abends und am Wochenende fast wie eine Rennstrecke an. Nicht nur Motorräder rasen hier. Die Anwohner berichten auch von Ferraris und getunten Mercedes, die nach der Abfahrt am Baumtor wenden und mit Bleifuß zurück den Berg nach oben donnern. Manche Fahrzeuge brettern beim Wenden über den Gehweg und gefährden Fußgänger.

Noch in 300 bis 400 Metern Entfernung, wo Bürgermeister Stefan Altenberger abends auf seiner Terrasse Entspannung sucht, ist der Motorenlärm zu hören, sagt er. „Ich bin selbst Betroffener. Die Auspuffe werden immer lauter.“ Stefan Altenberger hat einen Vorstoß im Gemeinderat angekündigt, ein Lärm-Display wie in Schnait für 13 000 Euro anzuschaffen und dauerhaft bei Stetten aufzustellen.