Paul Pietsch 1951 - Sieg auf dem Nürburgring in der Formel 2. Foto: Motorpresse

Am Montag feiert Paul Pietsch, Gründer der Motor-Presse Stuttgart, seinen 100. Geburtstag.

Stuttgart - Festtage sind gute Tage für einen Rückblick. Vor allem, wenn es sich dabei um den runden Geburtstag einer großen Persönlichkeit handelt. Am Montag feiert Paul Pietsch, Gründer der Motor-Presse Stuttgart, seinen 100.

1911: ein gutes Jahr. In Hamburg wurde der alte Elbtunnel eröffnet. Im Deutschen Museum in München wurde der erste Fernseher der Welt aufgestellt. Und es wurden Menschen geboren, die auf ihre Art große Akzente setzten. Ronald Reagan, Ginger Rogers oder Paul Pietsch. P. und P.

Es sind Initialen, die genauso gut für die Wörter Phänomen und Pionier stehen können. Denn der Mann, der mit Pioniergeist vor 65 Jahren den Verlag Motor-Presse gegründet hat, feiert am kommenden Montag seinen 100. Geburtstag. Das Leben hat es also gut mit ihm gemeint. Besser: Es meint es gut mit ihm. Davon kann man sich am Montag im Weißen Saal des Neuen Schlosses überzeugen, wenn Ferdinand Piëch, Hubert Burda oder Nils Schmid sich in die Liste der Festredner und 300 Gratulanten einreihen.

Bugatti und Pietsch - ein gutes Team

Langweilig dürfte es nicht werden. Zumindest dann nicht, wenn die Würdigungen des Lebenswerkes die eine oder andere Anekdote aufnehmen. Und wahrscheinlich wird auch vom Beginn dieser außergewöhnlichen Geschichte die Rede sein. Denn sie zeigt, was besondere Menschen oft auszeichnet. Ein wenig Eigensinn, eine gute Nase, Beharrlichkeit und Mut zum Risiko. Mindestens eine dieser Eigenschaften setzte der Sohn des Braumeisters Alois Pietsch 1932 ein. Der gebürtige Freiburger reiste gegen den Widerstand seiner Mutter Amalie ins Elsass zum legendären Ettore Bugatti.

Sie fürchtete, er wolle das Erbe des früh verstorbenen Vaters sinnlos auf den Kopf hauen - für einen gebrauchten Bugatti 35B .  "Für einen Neuen hat das Geld nicht gereicht", berichtet Pietsch. Neu oder gebraucht - das spielt in diesem Fall keine Rolle. Pietsch hatte den richtigen Riecher. Der Bugatti war ein Siegerauto, Pietsch ein Siegertyp. Obwohl er bei seinem ersten Rennen 1932 in Wiesbaden-Erbenheim einen Fehlstart hinlegt. Als Pietsch klar in Führung liegt, den sicheren Sieg in der Tasche hat, macht der Bugatti schlapp. Einfach so. Ohne ersichtlichen Grund. Später stellt sich heraus: Der Mechaniker war eine Schnarchnase. Er hatte vergessen, den Bugatti vollzutanken.

Aber jetzt beweist Pietsch wieder eine seiner Tugenden: Beharrlichkeit. Einer wie er lässt sich nicht entmutigen. Der zweite Versuch beim Kesselbergrennen endet auf dem Siegerpodest. Hinter Rudolf "Carratsch" Caracciola und Hans Stuber. Der erste Sieg lässt nicht lange auf sich warten: Im August 1932 gewinnt er das Riesengebirgsrennen. Pietsch ist etabliert, schafft es immer wieder, die dominanten Silberpfeile zu piesacken. Auch am 23. Juli 1939 mit seinem Maserati 8 CTF auf dem Nürburgring. "Ich glaube, dass der Große Preis 1939 mein bestes Rennen war", sagt Pietsch, den damals ein technischer Defekt ausbremst. Sonst hätte er Rudolf Caracciola und Hermann Müller in Grund und Boden gefahren.

Eine Autozeitung? Schnapsidee!

Schwer zu sagen, wie alles weitergegangen wäre. Aber wie so viele Träume und Hoffnungen, so wurden auch diese durch den großen Knall jäh unterbrochen. Einmarsch in Polen. Die dunkle Zeit des Krieges beginnt. Pietsch wird mit-, aber nicht fortgerissen. Nach der Rückkehr aus der Gefangenschaft lässt er seine Träume wieder leben. Verrückte Träume, wie viele meinen. Eine Autozeitung gründen? Schnapsidee, sagen die Kritiker: "In Deutschland wird es nie wieder so viele Autos geben, dass eine Autozeitschrift nötig wäre." Sie irren sich gewaltig.

"Natürlich hatten wir vor, wieder in den Motorsport einzusteigen und Rennen zu fahren. Dafür brauchten wir Geld, das wir mit der Zeitschrift verdienen wollten", sagt Pietsch. Er versucht das Unmögliche. Er muss der französischen Militärdienststelle eine Lizenz für Presseorgane abringen. Wieder war Hartnäckigkeit gefragt - und Mut. "Wenn ich zum Vordereingang hinausgeschickt wurde, bin ich zum Hintereingang wieder reingegangen", berichtet Pietsch. 1946 erhält er die begehrte Zeitschriftenlizenz. Es ist der Start zu einer Erfolgsgeschichte. Es ist die unglaubliche Geschichte eines Mannes, eines Rennfahrers und Verlegers.

In so einem Fall bleibt einem nur noch eines zu sagen: Gratulation!