Hans-Peter Klein, Vorsitzender der Modellbahngruppe ’65, präsentiert die Anlage. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Es begann alles im Jahr 1965 am Gleis 16 des Stuttgarter Hauptbahnhofs. 20 Jahre später folgte der Wechsel in neue Räume in der westlichen Fußgängerpassage der S-Bahn-Station Hauptbahnhof. Am Wochenende feiert die Modellbahngruppe ’65 ihr 50-jähriges Bestehen – in der Sängerhalle Untertürkheim

Stuttgart - An der roten Wand der sogenannten Kronenpassage am westlichen Aufgang der S-Bahn-Station Stadtmitte fällt die Klinke kaum auf. Nur wenige Passanten erkennen, dass sich hinter dieser robusten Tür eine Welt verbirgt, die Modellbahnfreunden das Herz aufgehen lässt. Befindet sich dort doch die große Anlage der Gruppe Modellbahn ’65 des Bahnsozialwerks (BSW), so der etwas sperrige offizielle Name.

Das 65 steht fürs Gründungsdatum. 13 Mitglieder, allesamt Bahn-Beschäftigte, waren seinerzeit am 5. Juli 1965 mit dabei. „Es waren bescheidene Anfänge“, sagt der heutige Vorsitzende Hans-Peter Klein. Der Clubraum befand sich im zweiten Untergeschoss bei Gleis 16 des Hauptbahnhofs, im ehemaligen „Volksbad“, wo für viele Bürger nach dem Krieg die einzige Möglichkeit zur Körperpflege bestand. Doch der Platz dort war sehr beschränkt und reichte nur für eine 20 Quadratmeter große Eisenbahnanlage.

Der Quantensprung hin zur heutigen, 1000 Quadratmeter großen Fläche folgte Mitte der 1980er Jahre mit dem Bau der S-Bahn. An der Kronenpassage wurde aus Kostengründen die eigentlich vorgesehene Kegelbahn für Bahn-Beschäftigte gestrichen. Stattdessen zogen die Mobilbahnfreunde ein. 1988 wurde die Anlage im Maßstab 1:87 mit einer Gleislänge von insgesamt 1200 Metern in Betrieb genommen; 56 Züge können dort fahren. Nach einer mehrjährigen Umbaupause für einen Notausgang aufgrund verschärfter Brandschutzbestimmungen folgte 2004 die Wiederöffnung.

3500 Mini-Bäumchen wurden bereits produziert

Seinen Schwerpunkt hat der Verein, getreu der Gründungszeit, in den 1960er Jahren. Auf der Anlage fahren deshalb Dampf-, Diesel- und E-Lokomotiven. „Ein ICE ist bei uns nicht zu sehen, denn den gab es damals ja noch nicht“, sagt Klein. Für die Mitglieder gibt’s stets genügend auszubessern und zu reparieren, sei’s an den Waggons, an den Gleisen, den Stellwerken oder Weichen. „Und nicht zu vergessen unsere Baumschule“, sagt Klein, „wir tun etwas gegen das Baumsterben.“ 3500 Mini-Bäumchen, etwa Laubbäume oder Fichten, wurden in der hauseigenen Werkstatt bereits produziert.

Als Betrachter erfreut man sich an der liebevollen Ausgestaltung der Landschaft. Die Gebäude erinnern an die Trafo-Union Bad Cannstatt oder an Salamander in Kornwestheim. Der Bahnhof heißt Enzingen – angelehnt ans reale Ensingen. Güterzüge transportieren Panzer durch die Gegend, Blaskapellen musizieren im Biergarten, ein Kuhhirt treibt die Herde über den Feldweg. „Wir legen sehr großen Wert auf Details“, erläutert der Vorsitzende.

Die Zeiten, da die Truppe mehr als 100 Mitglieder hatte, sind allerdings vorbei. Derzeit sind es knapp die Hälfte; Alterschnitt: 68 Jahre. Klein, selbst demnächst 65 und somit kurz vor der Rente, versucht bereits, seinen Enkeln (zwei und vier Jahre) die Leidenschaft zu vermitteln.

Viele Kinder begeistern sich weiterhin für Mini-Eisenbahnen

Generell allerdings ist die Lust auf kleine Bahnen nicht vom Aussterben bedroht, sagt zumindest Christine Bitter, Chefin des Modellbahn-Centers Schüler in der Christophstraße. Die Kinder und Jugendlichen hätten zwar viel mehr Hobbys als früher, aber es gebe noch genügend, die sich an Modelleisenbahnen erfreuen.

Für die Jubiläumsfeier von Modellbahn ’65 geht’s an diesem Wochenende allerdings nicht in die angestammten Räume in der S-Bahn-Passage, sondern in die Sängerhalle nach Untertürkheim, Lindenschulstraße 29. Dort sind am Samstag, 10., und Sonntag, 11. Oktober, von 10 bis 18 Uhr zahlreiche mobile Anlagen befreundeter Clubs zu sehen.

Die Stuttgarter Modellbahngruppe ’65 öffnet ihre Pforten in der Kronenpassage an den Winterwochenenden 28./29. November, 12./13. Dezember und 9./10. Januar jeweils von 10 bis 18 Uhr.