Ein Messerstecher kommt mit einer Bewährung davon. Foto: dpa

Das Landgericht Stuttgart hat einen 33-Jährigen zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Der Mann hatte vor 16 Jahren einen Passanten in Esslingen niedergestochen.

Stuttgart/Esslingen - Er hat einem ihm völlig unbekannten Mann ein Springmesser zweimal wuchtig in die linke Körperseite gerammt. Das Opfer konnte mit einer Notoperation gerettet werden, der Täter floh. Am Montag ist dieser Messerstecher vom Landgericht Stuttgart wegen versuchten Totschlags lediglich zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Wie ist das zu erklären?

Der Reihe nach. 1997 war der Angeklagte im zarten Alter von 16 Jahren allein aus der Türkei nach Deutschland gekommen – gegen den Willen seiner Eltern. „Ich war damals im Esslinger Asylbewerberheim sehr einsam“, sagt der inzwischen 33-Jährige. Hier sei er zum ersten Mal mit Alkohol in Kontakt gekommen. Auch am 2. Mai 1998 wurde gebechert. Der Junge traf sich mit zwei älteren Kumpels im Esslinger Maille-Park. Das Trio trank Alkohol, zu viel Alkohol.

Im Park nahm er das Messer eines Kumpels an sich, weil der Angst vor einer Kontrolle hatte. Am Esslinger Bahnhofsvorplatz geriet der 17-Jährige dann mit einem Passanten aneinander, nach dem Motto: „Was guckst du?“ Es kam zu einer Rangelei, zu einer Umklammerung, der 17-Jährige zog das Messer, stach zu und floh. In der Türkei lernte er eine englische Touristin kennen, heiratete sie und zog 2009 trotz internationalen Haftbefehls nach Norwich. Im September 2013 nahmen ihn die spanischen Behörden fest, als er mit seiner Frau Urlaub in Lanzarote machen wollte.

Die milde Strafe basiert auf mehreren Faktoren: Die Tat ist lang her, der Angeklagte hat die Verantwortung für sein Tun übernommen, hat sich bei dem heute 37-jährigen Opfer entschuldigt und ihm 2000 Euro Schmerzensgeld bezahlt. Das Opfer hat die Entschuldigung angenommen und dem Angeklagten alles Gute gewünscht. Der Angeklagte hat seither keine weiteren Straftaten begangen, er saß acht Monate in U-Haft. Deshalb beließ es die Strafkammer bei zwei Jahren Jugendstrafe auf Bewährung. Der 33-Jährige ist ein freier Mann.