Danielle Kitzis und Tawfeek Barhorn in "Mein Herz tanzt" - mehr Szenen in unserer Bildergalerie Foto: Verleih

Ein junger arabischer Israeli sucht Anerkennung und Identität: In wuchtigen Bildern und mit feinem Ensemble erzählt der Israeli Eran Riklis in einem gewagten Genre-Mix aus arabischer Familienkomödie, sensibler Coming-of-Age-Story und politisch verankertem Melodram die Geschichte dieses jungen Mannes auf der Suche nach Anerkennung.

Filmkritik und Trailer zum Kinofilm "Mein Herz tanzt"

Über den Dächern einer arabischen Kleinstadt in Israel: Der kleine Eyad klammert sich an eine Antennenstange und fummelt daran herum, bis sein Vater unten im Wohnzimmer „Jetzt!“ brüllt: Der arabische Sender läuft. Der Junge stürzt von der Stange, und mit heillosem Gezeter steht die Großfamilie um den benommen blinzelnden Eyad.

Mit gewohnter Leichtigkeit eröffnet der Israeli Eran Riklis („Die Syrische Braut“, „Lemon Tree“) seinen jüngsten Film, der auf dem semiautobiografischen Roman von Sayed Kashua beruht. Doch was als urige Komödie beginnt, entwickelt sich bald zur vielschichtigen Erzählung über einen arabischen Israeli, der gefangen ist in dem fortwährenden Nahost-Drama, in das er hineingeboren wurde.

Eyad (Tawfeek Barhom) bekommt als einziger Araber einen Platz auf einem Elite-Internat in Jerusalem. Hier beginnt seine Suche nach einem Hauch von Identität jenseits der Stigmatisierung – an einem Ort, wo der Klang seines Namens genügt, um von pöbelnden Jugendlichen in die Ecke getrieben oder von Soldaten schikaniert zu werden.

Immerhin entwickelt sich mit dem Mitschüler Yonathan (Michael Moshonov), durch eine Muskellähmung an den Rollstuhl gefesselt, eine innige Außenseiter-Freundschaft. Auch hier allgegenwärtig: Riklis’ gewinnende Leichtigkeit, in ihrer Beiläufigkeit so aussagestark. Etwa wenn Yonathan Eyads Misere herrlich trocken auf den Punkt bringt: „Du hast eher ’n erbliches Problem.“

Und dann ist da Naomi (Danielle Kitzis), Eyads schöne, jüdische Mitschülerin. Auf der leeren Bühne des Schulsaals kommen sie sich näher. „Glaubst du, ich würde nicht auch gern der ganzen Welt zeigen, dass ich dich liebe?“, fragt sie vor leeren Stuhlreihen. Sie lieben sich. Heimlich, sehnsüchtig. Doch zur großen Aufführung kommt es nie. Eher würden Naomis Eltern sterben, als einen arabischen Freund zu akzeptieren. Schlussendlich wird Eyad in einer radikalen Entscheidung seine alte Identität abstreifen, seine Rolle aus dem Theaterstück streichen, um eine andere annehmen zu können.

In wuchtigen Bildern und mit feinem Ensemble erzählt Riklis in einem gewagten Genre-Mix aus arabischer Familienkomödie, sensibler Coming-of-Age-Story und politisch verankertem Melodram die Geschichte dieses jungen Mannes auf der Suche nach Anerkennung – nicht als Araber, nicht als Jude, sondern als Israeli. Durch seine Leichtigkeit leckt Riklis manche Kante des Nahost-Konflikts zu glatt. Doch sie erlaubt ihm ein kunstvolles Spiel mit dem Bildhaften, das letztlich den tiefschürfenden Konflikt zu transportieren vermag: Die eine Volksgruppe muss ihre Wurzeln kappen, weil die andere die ihrigen ausbreitet. Ein starkes, eindrängendes, ein liebenswertes Plädoyer für friedliche Koexistenz.

Unsere Bewertung zu "Mein Herz tanzt": 4 von 5 Sternen - empfehlenswert.

Was sonst noch im Kino in Stuttgart läuft, finden Sie in unserem Kino-Programm.