Stefan Mappus. Foto: dpa

Computerspezialisten erwarten, dass Daten auch ohne Festplatte gefunden werden können.

Stuttgart - Bei juristischen Texten ist besondere Vorsicht geboten: Es sei „kein Geheimnis“, dass beim Ausscheiden von Ministerpräsident Stefan Mappus die Festplatte auf seinem Computer „im Auftrag unseres Mandanten und unter Beteiligung der EDV-Abteilung des Staatsministeriums sowie eines Mitarbeiters ausgebaut und vernichtet wurde“, teilten die Anwälte von Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) am Donnerstag auf Anfrage mit. Wenige Stunden später widersprach Staatssekretär Klaus-Peter Murawski (Grüne). „Den Beamten der zuständigen EDV-Abteilung ist über die Vernichtung der Festplatte nichts bekannt gewesen, geschweige denn, dass sie beteiligt gewesen wären“, sagte er. Die Frage, wer die Festplatte wann und wo zerstört hat, wollten die Anwälte am Freitag nicht beantworten.

Unklar ist auch, ob die Festplatte vernichtet werden durfte. Nach Ansicht des Verwaltungsrechtlers Kay-Uwe Martens sind Ausbau und Vernichtung einer Festplatte aus einem Computer der öffentlichen Verwaltung rechtswidrig. „Die Festplatte und alle darauf befindlichen Akten gehören dem Staat und müssen auch bei ihm bleiben. Das müsste jedem Staatsdiener klar sein“, sagte der Experte der Verwaltungshochschule in Kehl der Deutschen Presseagentur. Aus dem Strafgesetzbuch ergebe sich, dass eine Zerstörung von dienstlichen Schriftstücken oder Geräten illegal und unter Umständen strafbar sei. „Sonderregelungen für Ministerpräsidenten gibt es nicht.“

Aus Sicht von Experten hätte Mappus seine Daten anders schützen können

Wenn es Hinweise auf ein strafbares Verhalten gebe, müsse die Staatsanwaltschaft dies prüfen, sagte eine Sprecherin im Staatsministerium – diese ermittelt wegen des Verdachts auf Untreue gegen Mappus. Bisher ist es in der Regierungszentrale üblich, „dass ausscheidenden Mitarbeitern, die dies wünschen, ihre Daten auf einem Datenträger – USB-Stick, CD oder Festplatte – mitgegeben werden.“

Mappus Anwälte hatten erklärt, das sich auf der vernichteten Festplatte vor allem zahlreiche CDU-Dateien, private Dateien ihres Mandanten und dritten befunden hätten. „Insoweit handelt es sich um eine völlig übliche Verfahrensweise.“

Aus Sicht von Experten hätte Mappus seine Daten anders schützen können. „Ein Überschreiben von Daten ist sicher, wenn man gewisse Algorithmen und Überschreibzyklen berücksichtigt“, sagt Peter Böhret, Geschäftsführer von Kroll Ontrack in Böblingen. Das gelinge aber nur, wenn alle Bereiche der Platten zugänglich seien, Das Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) spreche von sieben, das amerikanische Verteidigungsministerium von drei Überschreibungen.

„In der Regel gibt es in solchen Fällen Restbestände“

Kroll Ontrack, eine internationale Firma mit Sitz in Böblingen, wird beispielsweise beauftragt, wenn Computernutzer ihre verloren gegangenen Daten wiederfinden oder aber Daten auf Festplatten und Servern sicher löschen wollen. Sie unterstützt aber auch Firmen und Ermittlungsbehörden dabei, absichtlich vernichtete Dateien aufzuspüren.

Böhret geht davon aus, dass im Fall Mappus etliche Daten, die auf der vernichteten Festplatte waren, rekonstruiert werden können. „In der Regel gibt es in solchen Fällen Restbestände – etwa auf Servern, Druckern oder auch auf den Festplatten von Mitarbeitern, die mit dem Betroffenen E-Mails ausgetauscht haben.“ Durch die Überprüfung einer möglichst großen Datenmenge nach bestimmten Stichwörtern lasse sich beispielsweise herausfinden, wer mit wem worüber kommuniziert hat. So könnten gerichtsfeste Erkenntnisse gewonnen werden.

Grüne und SPD vermuten, dass Mappus Unterlagen zum umstrittenen Rückkauf der EnBW-Aktien beseitigen wollte. So sei etwa die brisante Korrespondenz zwischen Mappus und seinem Finanzberater Dirk Notheis nicht wie andere dienstliche Mails in der Registratur des Ministeriums abgelegt worden. Sie wurde dem Untersuchungsausschuss von der Investmentbank Morgan Stanley, deren Deutschlandchef Notheis seinerzeit war, zur Verfügung gestellt.