Einblick in eine Sitzung in Korntal-Münchingen: der Jugendgemeinderat tagt. In Ludwigsburg müssen die Jugendlichen erst noch die Zustimmung erkämpfen, dass ein solches Gremium eingerichtet wird. Foto: factum/Archiv

Eine Gruppe von etwa 30 Schülern will einen Jugendgemeinderat einrichten. Viele Stadträte und die Verwaltung sehen den Vorstoß zwar generell positiv – dennoch gibt es zahlreiche Vorbehalte.

Ludwigsburg - Sie wollen mitreden. Und zwar nicht nur bei speziellen Projekten oder Zukunftskonferenzen, bei denen ihre Position im Zweifelsfall eine schriftliche Randnotiz bleibt. Nein, sie wollen zu allen möglichen Themen gehört werden und direkt mit den Entscheidern der Stadt in Kontakt treten. Deshalb haben sich rund 30 Schüler zu einem Planungskomitee zusammengeschlossen, das die Einrichtung eines Jugendgemeinderates im kommenden Jahr anstrebt. Allerdings dürften bis dahin noch einige Hürden zu überwinden sein. Denn obwohl Stadträte und Verwaltung die Initiative grundsätzlich positiv sehen, gibt es zahlreiche Vorbehalte.

Es ist nicht der erste Versuch, ein Jugendparlament in Ludwigsburg zu etablieren. Aber anders als in den meisten vorherigen Fällen kommt der Vorstoß dieses Mal von den Jugendlichen selbst. Das könnte ein entscheidender Vorteil für das Unterfangen sein. Denn während sich bei der letzten Abstimmung zur Einrichtung eines solchen Gremiums (auf Antrag der Freien Wähler im Jahr 2011) noch die Mehrheit der Stadträte dagegen aussprach, scheint nun ein Großteil der Fraktionen die Sache immerhin prinzipiell zu begrüßen.

Konkrete Vorstellungen für Jugendparlament

Die Jugendlichen haben recht konkrete Vorstellungen, wie ihr lokales Parlament aussehen könnte – und haben dies bereits in einer Satzung niedergeschrieben. Demnach soll ihr Gremium aus 20 Vertretern im Alter zwischen 14 und 21 Jahren bestehen, die für eine Periode von zwei Jahren amtieren. Diese sollen nicht nur von Ludwigsburger Jugendlichen gewählt werden können, sondern auch von Schülern, die von außerhalb kommen, aber Einrichtungen in der Barockstadt besuchen.

Timm Overdick, einer der drei Vorstandsmitglieder des Planungskomitees, sagt: „Wir haben vor, den Jugendgemeinderat langfristig zu etablieren.“ Deshalb wollten sie schon im Vorfeld eine möglichst breite Unterstützerbasis für das Projekt aufbauen. Bis dato hat die Gruppe, die vor allem aus Schülern des Otto-Hahn-Gymnasiums besteht, rund 750 Unterschriften für ihren Plan von Schülern ihres sowie des Schillergymnasiums gesammelt. „Aber wir werden sämtliche Schulen der Stadt ansprechen“, kündigt Overdick an. Schließlich solle das Gremium eine Instanz für alle Jugendlichen der Stadt werden. „Wir wollen ein direktes Sprachrohr zum Gemeinderat sein“, sagt der 15-Jährige.

Bei den Stadträten und im Rathaus ist die Gruppe mit ihrem Vorhaben jedoch nicht nur auf Zustimmung gestoßen. Viele sind skeptisch, ob sich ein Jugendparlament langfristig trägt – allen voran die Stadtverwaltung. Denn man würde eine solche Institution zwar generell begrüßen, doch aktuell mache man die Erfahrung, dass die seit Jahren bestehenden Jugendräte in den Stadtteilen kaum nachbesetzt werden könnten, sagt Renate Schmetz, die Leiterin des Fachbereichs Bildung und Familie. Weil der Stadt die Meinung der Jugendlichen jedoch nach wie vor sehr wichtig sei, versuche man, sie vor allem in Form von Projektarbeit einzubinden – das funktioniere inzwischen auch sehr gut.

Zwiespältige Haltung bei Räten und Stadverwaltung

Ähnlich zwiespältig ist die Haltung der Stadträte. Man freut sich zwar über das Engagement der Jungen, sieht aber auch Schwierigkeiten. Ein Knackpunkt ist die Forderung nach einem Wahlrecht für alle Schüler: „Damit tun wir uns schwer“, sagt etwa Margit Liepins, Fraktionschefin der SPD. Schließlich könnten auch nur Ludwigsburger Bürger den Gemeinderat wählen. Ansonsten unterstützt die SPD den Vorstoß aber: Sie hat bereits einen Haushaltsantrag zum Einrichten eines Jugendgemeinderates eingereicht.

Zudem müssten Schüler aller Schulen und Schularten in dem Gremium vertreten sein, fordern viele Räte: „Wir beraten nur dann offen, wenn die Initiative von einer breiteren Gruppe als nur einigen Schülern des Otto-Hahn-Gymnasiums getragen wird“, sagt der CDU-Fraktionschef Klaus Herrmann. Die Linke hält die Initiative der Jugendlichen hingegen für „super“. Einig sind sich allerdings alle, dass nun erst einmal ein Konzept her müsse. Denn ein Jugendgemeinderat sei zwar erstrebenswert – aber nur, wenn er gut gemacht sei.

Erfahrungen anderer Kommunen im Landkreis

Erfolg
In Gerlingen gibt es bereits seit 20 Jahren einen Jugendgemeinderat, der äußerst erfolgreich arbeitet. Erst jüngst wurden die Jugendräte neu gewählt – für die 18 Sitze kandidierten 28 Bewerber. Auch in Vaihingen/Enz existiert schon seit dem Jahr 1995 ein Jugendparlament. In Ditzingen wurde nach langen Diskussionen im Oktober erstmals ein Gremium für junge Bürger gewählt, jetzt am Montag fand die konstituierende Sitzung statt.

Schwierigkeiten
Nicht überall ist der Jugendgemeinderat ein Selbstläufer. In Möglingen und Asperg ist das Engagement in den eigens geschaffenen Gremien wieder eingeschlafen. Auch in Korntal-Münchingen hatte man im Sommer Schwierigkeiten, genügend Kandidaten für die Wahl zu finden. Inzwischen engagiert sich das neue Gremium jedoch schon wieder in der Stadt – unter anderem für Flüchtlingskinder. In Markgröningen gibt es ebenfalls Engpässe bei der Besetzung der insgesamt 21 Sitze. Durch die steigenden Anforderungen im Schulalltag werde es immer schwieriger, Jugendliche für die kommunalpolitische Arbeit begeistern zu können, sagt der Stadtjugendpfleger Frank Becker. Daher wolle man künftig die Zahl der Sitze auf vermutlich 14 verringern. Zudem sei eine Umstrukturierung geplant: Das Jugendparlament solle verstärkt in die Gemeinderatsarbeit eingebunden werden.