Teil des deutschen Kulturguts: Die unfreiwillige Begegnung der Herren Müller-Lüdenscheidt und Dr. Klöbner in einer Badewanne. Foto: dpa

„Loriots große Trickfilmrevue“ präsentiert über 30 sorgsam restaurierte Klassiker des genialen Humoristen. Was taugt der Film?

Wer heutzutage öffentlich witzig ist, gilt als „Comedian“. Früher lautete die Berufsbezeichnung „Humorist“, und wer je einen Sketch von Loriot gesehen hat, kennt den Unterschied. In vielen Familien gehört die Zeile „Sagen Sie jetzt nichts“ aus dem legendären Nudelmonolog zum Zitatenschatz, gern verwendet, wenn jemand einen Essensrest im Gesicht hat. Gleichfalls unverzichtbarer Teil des deutschen Kulturguts ist die unfreiwillige Begegnung der Herren Müller-Lüdenscheidt und Dr. Klöbner in einer Hotelbadewanne („Die Ente bleibt draußen!“).

Vicco von Bülow wäre in diesem Jahr 100 geworden. Ein schöner Anlass, um gut 30 seiner Trickfilme ins Kino zu bringen: restauriert, koloriert, zum Teil neu gezeichnet und in maximaler Bildauflösung; aber alle im unverwechselbaren Knollennasenstil.

Meister des aneinander Vorbeiredens

Durch sein Gesamtwerk und daher auch durch diese Revue zieht sich wie ein roter Faden sein bevorzugtes Motiv der Kommunikationsstörung: Niemand konnte Menschen so gut aneinander vorbeireden lassen wie Loriot. Exemplarisch für diese Kunst sind die Dialoge zwischen dem Ehepaar Hermann und Berta: Er beschwert sich, dass sein Ei zu hart ist, sie nutzt die Gelegenheit für eine Generalabrechnung („Gott, was sind Männer primitiv!“); das Gespräch gipfelt in seiner düsteren Ankündigung, morgen werde er sie umbringen. Von unerreichter Absurdität ist auch ein Feierabendgeplänkel der beiden: Er will einfach nur im Wohnzimmer sitzen und nichts tun, sie bringt ihn mit immer wieder neuen Vorschlägen, wie er seine Zeit sinnvoller verbringen könne, an den Rand der Verzweiflung.

Die Kurzfilme stammen aus der einst vom Künstler selbst moderierten ARD-Sammlung „Cartoon“ (1967 bis 1972) mit Trickfilmen aus aller Welt sowie aus seiner eigenen Reihe „Loriot“ (1976 bis 1978), aber längst nicht alle haben die Qualität der Eheszenen. Außerdem stellt sich irgendwann ein gewisser Ermüdungseffekt ein, wenn der Journalist Kurt Rösner wiederholt daran scheitert, sinnvolle Interviews zu führen; sei es mit dem letzten lebenden Hasenbrüter oder mit der Direktorin eines Unternehmens für Geschenkartikel, die mit dem völlig zweckfreien „Familienbenutzer“ das ultimative Präsent entwickelt hat.

In Loriots TV-Sendungen waren diese Lehrstücke in miserabler Interviewführung aus gutem Grund auf verschiedene Ausgaben verteilt.

Manches ist witzlos

Einige Beiträge sollen auch gar nicht lustig sein, etwa die Hommage an das Vokal-Ensemble Comedian Harmonists, an anderen ist der Zahn der Zeit nicht spurlos vorübergegangen. Gänzlich witzlos wirken heute beispielsweise die politischen Redeparodien auf Nonsensthemen („Die deutsche Nudel im Mittelpunkt des Weltinteresses“) oder eine Ansprache, die in einen mitleiderregenden Hustenanfall ausartet. Dass der deutsche Humor auf dem Weltmarkt unterrepräsentiert sei, ist allerdings eine Erkenntnis, die nichts von ihrer Gültigkeit verloren hat. Das hat selbst Loriot nicht ändern können: Seine Popularität beschränkte sich auf den deutschen Sprachraum.

Loriots große Trickfilmrevue: Regie: Peter Geyer, Vicco von Bülow, 89 Minuten, Start: 20. April. Ohne Altersangabe.