Der Berg ruft: Wenn das Gipfelkreuz nach anstrengendem Aufstieg erreicht ist, kann man zu Recht stolz auf sich sein. Doch darf man auf es hinauf klettern? Foto: dpa

Gipfelkreuze dienen als Markierungen und sind Zeichen volkstümlichen Glaubens. Man darf sie bestaunen, aber mehr auch nicht. Oder doch? Wir haben einen renommierten Kirchenrechtler gefragt.

Stuttgart - Ein Wanderer klettert einen Berg in den Alpen hoch. Auf dem Gipfel angekommen erklimmt er das hölzerne Gipfelkreuz. Er setzt sich auf den Querbalken, macht das Siegeszeichen und grinst breit in die Kamera. Spontan denkt man an die Sprichwörter: „Hochmut kommt vor dem Fall“ und „Wer hoch hinaus will, kann auch tief fallen.“ Doch macht sich der Wandersmann auch strafbar?

„Das auf gar keinen Fall“, erklärt Felix Hammer. Der Kirchenrechtler ist Diözesanjustitiar und Kanzler der katholischen Diözese Rottenburg-Stuttgart. „Meines Erachtens ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von Strafgesetzbuch (StGB) Paragraf 166 und Canon 1369 des Kanonischen Rechts (CIC), dass eine Bekenntnisbeschimpfung oder eine Gotteslästerung nicht vorliegt, weil bereits die Tatbestandsmerkmale der Vorschriften, die zwingend gegeben sein müssten, nicht erfüllt sind.“

Ein freundliches Sitzen auf einem Gipfelkreuz sei keine Herabwürdigung religiöser Gefühle oder gar Gottes selbst. „Wenn Sie so wollen: Gott hat die Landschaft, die Berge und auch die Gipfelkreuze deshalb geschaffen, dass sich die Menschen daran freuen. Wenn sie ihrer Freude auch in einer etwas überschwänglichen Weise Ausdruck verleihen, so ist das doch noch lange keine Gotteslästerung.“

Ein (böswillig) herabwürdigendes Element kann Diözesanjustitiar Hammer, der als Professor Religionsverfassungsrecht an der Universität Tübingen lehrt, hierbei nicht erkennen. Zumal seiner Ansicht nach der Gesamteindruck überhaupt nicht in diese Richtung geht. „Ob das Ganze vielleicht nicht doch ein wenig leichtsinnig ist, ist eine ganz andere Frage, die aber mit Gotteslästerung nichts zu tun hat.“