Initiator Charles C. Urban präsentiert Texte von Stephen King vor Foto: Uka Meissner

Eine Lesung im Westquartier am Bismarckplatz in Englisch war die erste von vier in der Reihe „Stephen King’s Nightmares“. Initiator ist Charles C. Urban, Gründer und Leiter von NEAT, dem New English American Theatre. Das Ensemble hat sein Publikum am ersten Abend der Lesungsreihe ganz wunderbar begruselt.

S-West - Es ist Halloween, draußen ist es schon dunkel, die Grüppchen an „Süßes oder Saures!“ rufenden Kindern werden weniger, stattdessen zieht es nun die Partygänger in Zombie- oder Hexenverkleidung auf die Straßen. Der Raum ist in schummriges Licht getaucht, hier und da flackern brennende Kerzen im Luftzug. Es ist ganz still, bis auf die Stimme der Vorleserin. Sie liest aus der Geschichte von einer Frau, einer Ehefrau, die einen Anruf von ihrem Ehemann erhält. Dabei plant sie gerade dessen Beerdigung: Wenige Tage zuvor ist das Flugzeug, in dem er saß, abgestürzt. Ruft er also aus dem Jenseits an?

Neuer Blick auf einen altben Bekannten: Stephen King

Die Kurzgeschichte, die vorgelesen wird, ist „New York Times at Special Bargain Rates“ von Bestsellerautor Stephen King. Die Lesung am vergangenen Freitag im Westquartier am Bismarckplatz in der Originalsprache der Texte Englisch war die erste von vier, die in der Reihe „Stephen King’s Nightmares“ stattfinden. Initiator ist Charles C. Urban, Gründer und Leiter von NEAT, dem New English American Theatre. Urban und seine Theatertruppe inszenieren seit mehr als 20 Jahren englischsprachige Theaterstücke, Musicals und Lesungen in Stuttgart. „Es hat sich angeboten, zu Halloween etwas Gruseliges zu machen“, erklärt er. „Stephen King ist ein Meister des Gruselns, der Spannung. Ich kannte einige seiner Werke, war dann aber doch überrascht, wie facettenreich er als Autor ist.“ Kings Kurzgeschichten kannte der selbst ernannte Kurzgeschichtenfan bis dato nicht: „Sie sind wunderbar – zum Teil aber ganz anders als erwartet. Wir wollen den Zuhörern eine neue Seite an Stephen King zeigen“, sagt Urban. Darum hat er neben den Kurzgeschichten auch einige von Kings Gedichten zusammengestellt, die er während der Lesungen vorträgt: Es sind Miniaturen eines Mörders, dann eines Paranoiden, die es einem kalt den Rücken herunterlaufen lassen.

Danach beginnt Vorleser Brett Harwood mit einem eher ungewöhnlichen Teil des Stephen-King-Oeuvres, nämlich einer Adaption einer Hindu-Parabel über einen Bettler und einen Diamanten („The Beggar and the Diamond“). Anschließend dann die Kurzgeschichten: Jeanne Ragonese liest den Text vom Anruf aus dem Jenseits, und Susan Schwartz-Sabin die Geschichte „Suffer the little Children“. Sie handelt von einer Lehrerin, die sich nach und nach sicher wird, dass sich ihre Schüler in Monster verwandeln und schließlich radikale Konsequenzen trifft.

Vier gemütliche Alptraumabende

Alle Vorleser tragen gekonnt vor, wechseln mühelos zwischen verschiedenen Charakteren und Stimmungen hin und her: Denn die Stephen-King-Texte sind nicht nur gruselig, sondern auch stellenweise voller Witz und Ironie. Michael Hecht liefert zu allen vorgelesenen Texten die musikalische Untermalung, die mit wenigen, exakt platzierten Klängen vom Klavier die richtige Atmosphäre schafft.

Während seiner Recherchen hat Charles C. Urban so viel Material von Stephen King aufgetrieben, das sich gut für die Veranstaltung eignen würde, dass er gar nicht alles in den „Nightmares“-Lesungen unterbringen konnte. „Das verwenden wir in unserer ‚Dark-Monday‘-Reihe, irgendwann“, berichtet er. Die findet regelmäßig im Kulturzentrum Merlin statt, dabei bespielt das NEAT den sonst traditionell spielfreien Montag. Ursprünglich hatte Urban die „Nightmares“-Lesungen als Trilogie geplant, für Freitag, Sonntag und Montag. „Aufgrund der großen Nachfrage haben wir noch einen weiteren Teil für den Samstagabend eingeplant“, sagt er.