Auch Beeren werden teuer. Foto: dpa

Ernteausfälle, knappes Angebot und hohe Nachfrage auf Weltmärkten machen Lebensmittel in naher Zukunft teurer. Vor allem Obst- und Milchpreise könnten nochmals anziehen.

Stuttgart - Beim Blick auf die Preisschilder im Kühlregal dürften sich bereits viele Supermarkt-Kunden die Augen gerieben haben. Knapp zwei Euro kostet neuerdings beim Discounter Aldi das Stück Butter. Noch im April mussten Kunden dafür 80 Cent weniger bezahlen. Auch an der Fleischtheke, am Brotstand und dem Obstkorb ist das Einkaufen teurer. Laut dem Statistischem Bundesamt in Wiesbaden sind im August die Preise für Lebensmittel gegenüber dem letzten Jahr um volle drei Prozent gestiegen. Dass sich dies in naher Zukunft ändert, davon ist aller Voraussicht nach nicht auszugehen.

„Wenn das Angebot knapp ist, steigt der Preis“, lautet die kurze Antwort von Alfred Pfister von Marktkontor Baden, einem Genossenschaftsvertrieb für Obst und Gemüse mit Sitz in Stuttgart. In diesem Jahr ist das Angebot von regional erzeugtem Obst besonders knapp. „Ein Großteil der Ernte ist durch den Aprilfrost zerstört worden“, sagt Pfister. Bis zu 70 Prozent weniger Kirschen und Zwetschgen als in Durchschnittsperioden bringen die Bauern im Süden Deutschlands wegen der Ernteverluste auf den Markt. Auch das Angebot von Äpfeln und Beeren ist deutlich geringer: Obwohl die Ernte gerade beginnt, rechnen die Apfelbauern schon jetzt mit zwei Dritteln weniger Erzeugnisse, bei Beeren beziffern sich die Verluste auf ein Drittel der herkömmlichen Ergebnisse.

Mode und neue Geschmacksvorlieben können Preise klettern lassen

Ungleiches Bild an der Gemüsetheke: Zwar mussten auch hier Bauern Ernteausfälle hinnehmen. Doch sind die Verluste deutlich kleiner als beim Obst. Auf bis zu zehn Prozent geringere Produktmenge beziffert Pfister die Ernteergebnisse von buntem Salat, Kopfsalat, Tomaten und Gurken in diesem Jahr. Grund für die im Gegensatz zu Obst größeren Erträge ist der spätere Anbau von Gemüse und die Aufzucht in Gewächshäusern, die die Setzlinge vor Witterungseinflüssen schützen.

Aber nicht nur das Angebot wirkt sich auf den Preis aus, sondern auch eine veränderte Nachfrage. Mode und neue Geschmacksvorlieben können Preise klettern lassen. So geschehen bei Cherry- oder Rispentomaten, deren Preise steigen, weil immer mehr Menschen das süße und für Dekorationen beliebte Gemüse für sich entdecken. Solange der Anbau der Nachfrage nicht hinterher kommt, ist auch hier von einem Preisanstieg auszugehen. In welcher Größenordnung sich die Angebotsmenge von regionalem Obst und Gemüse auf hiesige Handelspreise auswirkt, ist allerdings nicht eindeutig. Große Mengen von Äpfeln und Tomaten kommen aus dem EU-Ausland und sind gegenüber der heimischen Produktion unwesentlich teurer.

Bereits im Juli zogen Preise für Molkereiprodukte um 14 Prozent an

Kunden, die Wert auf Produkte aus der Region legen, werden allerdings Preisunterschiede bemerken – sofern sie dies nicht schon getan haben. Bereits im Juli zogen Preise für Molkereiprodukte um 14 Prozent, Fisch und Fleischwaren um mehr als drei Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat an. Vor allem Rindfleisch kann für eine Überraschung beim Metzger sorgen. „Das Angebot an Jungbullen ist im Moment knapp und kann die große Nachfrage der Schlachtunternehmen nicht bedienen“, sagt Ariane Amstutz, Sprecherin vom Landesbauernverband in Baden-Württemberg. Für das ungleiche Markt-Verhältnis bezahlt der Kunde an der Kasse. Eine preisliche Veränderung sei hier in naher Zukunft nicht zu erwarten, da es eine gewisse Zeit in Anspruch nehme, bis Viehzüchter sich auf die hohe Nachfrage nach Fleisch einstellen und mehr Tiere in den Stall stellen könnten. „Das geht natürlich nicht von heute auf morgen und es kann sein, dass wir dann bald zu viele Tiere haben“, sagt Amstutz. In diesem Fall ist es gut möglich, dass Preise wieder fallen.

Unverändert hoch ist hingegen der Preis für Schweinefleisch. Grund dafür ist Amstutz zufolge auch das Handelsembargo mit Russland, das in der Vergangenheit große Mengen aus Deutschland abgenommen hatte. „Viele Betriebe in Baden-Württemberg mussten schließen, weil sie die Mengen an Schweinefleisch nicht verkaufen konnten. Das geringere Angebot führte schließlich dazu, dass Preise anzogen“, erklärt die Expertin vom Bauernverband.

Wegen des Eier-Skandals werden vor allem Eier aus der Region teuerer

Auch für Eier und Milcherzeugnisse müssen Kunden in Zukunft wohl tiefer in die Tasche greifen. Wegen des Eier-Skandals – ausgelöst durch das Insektengift Finpronil – werden vor allem Eier aus der Region teuerer. Bei Milchprodukten könnte der Preis ab November steigen, wenn Milchbauern aufgrund gestiegener weltweiten Nachfrage höhere Preise durchsetzten können.

Inwiefern sich Erzeugerpreise letzten Endes an der Kasse im Supermarkt widerspiegeln, ist von Produkt zu Produkt unterschiedlich. In vielen Fällen machen Herstellungskosten nur einen geringen Anteil dessen aus, was der Kunde bezahlt. Bei Brot zum Beispiel verdient der Getreidebauer nur fünf Prozent an den Gesamterlösen. Als Faustformel gilt: Je aufwendiger die Verarbeitungsschritte, desto geringer ist der Anteil der Landwirtschaft. So kann Beispielsweise auch eine schlechte Weizenernte dazu führen, dass Brotpreise gleichbleiben.