Rotbäckchen-Saft darf mit „lernstark“ beworben werden. Viele anderer solcher Werbeversprechen für Gesundheit sind inzwischen verboten Foto: dpa

Joghurt für ein starkes Immunsystem und Öl für ein gesundes Herz: Für solche Gesundheitsversprechen auf Lebensmitteln gelten inzwischen strenge Gesetze. Das hält die Hersteller jedoch nicht davon ab, diese mit Tricks zu umgehen. Wir verraten, welche das sind.

Stuttgart - Endlich mal ohne Rotznase, Halsweh und Husten durch den Winter kommen, das wäre schon schön. Zumindest in der Werbung ist das ganz einfach: Bietet doch das Joghurt-Getränk Actimel von Danone „ein kleines Frühstück fürs Immunsystem“. Das klingt, als würden mit jedem Becherchen die Abwehrkräfte gestärkt.

Genau das konnte wissenschaftlich von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bislang aber nicht bestätigt werden. Seit dem Jahr 2006 muss die EFSA jedes Werbeversprechen prüfen, welches eine Extraportion Gesundheit verspricht. „Diese sogenannte Health-Claims-Verordnung wurde von der EU eingeführt, um dem Wildwuchs an nicht bewiesenen Aussagen mit gesundheitlichem Bezug ein Ende zu setzen“, sagt Elvira Schwörer, Ernährungsexpertin bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.

Geschickte Werbetexte umgehen die strengen Gesetze für Gesundheitsversprechen

Tatsächlich wurden in den letzten Jahren Hunderte solcher Werbeversprechen verboten, aktuell erlaubt sind nur noch etwa 250. „So darf es beispielsweise nicht mehr heißen, dass Vitamin C das Immunsystem stärkt, sondern nur noch, dass es zu einer normalen Funktion des Immunsystems beiträgt“, sagt Elvira Schwörer.

Doch das Beispiel von Actimel zeigt: In einen geschickten Werbetext verpackt, kommt beim Verbraucher trotzdem noch das Gefühl an, er tue mit den Produkten seiner Gesundheit etwas Gutes.

Bilder und Produktnamen gaukeln Verbrauchern vor, sich etwas Gutes zu tun

Eine Befragung der Universität Göttingen aus dem Jahr 2014 zeigt, dass vor allem die Bildaufmachung sowie der Name des Produkts bei den Verbrauchern dafür sorgen, dass es als gesundheitsfördernd wahrgenommen wird. So sorgte beispielsweise das Bild einer schlanken Joggerin auf einem Erfrischungsgetränk dafür, dass deutlich mehr als die Hälfte der Verbraucher glaubte, dieses Produkt enthalte wenig Kalorien und eigne sich für eine ausgewogene Ernährung. Ohne das Foto glaubten dies weniger als 40 Prozent. „Seit die EFSA klassische Gesundheitsclaims so streng prüft, werden solche Elemente im Marketing verstärkt eingesetzt“, lautet das Fazit der Wissenschaftler.

Meist bezahlt der Kunde einen deutlich höheren Preis für ein Lebensmittel, das auch nicht gesünder ist als die anderen Produkte im Regal, die nicht extra mit Vitaminen oder Mineralstoffen angereichert sind.

Süßigkeiten werden nicht gesund, nur weil sie mehr Vitamin C enthalten

Allerdings gibt es auch Lebensmittel, bei denen die Gesundheitsaussagen bewusst eingesetzt werden, um eigentlich ungesunde Produkte zu verkaufen. „Das gilt beispielsweise für Gummibärchen, die mit einer Extraportion Vitamin C angereichert werden, aber genauso viel Zucker enthalten wie davor“, sagt Ernährungsexpertin Schwörer. Unterm Strich seien die Gummibärchen so immer noch ungesund – dürfen derzeit aber als gesundheitsbezogen beworben werden, weil Vitamin C diese Zulassung bei der EFSA hat.

Um zu verhindern, dass die gesunde Wirkung eines Lebensmittels nicht durch ungesunde Zutaten wieder zunichtegemacht wird, wollte die EU eigentlich schon vor zehn Jahren Grenzwerte für Nährstoffe wie Zucker, Salz oder Fett festlegen. Bis heute ist nicht klar, ob diese sogenannten Nährwertprofile überhaupt jemals eingeführt werden. „Ohne die Nährwertprofile ist die Health-Claim-Verordnung aber nur halb so viel wert. Deshalb müssen sie dringend festgelegt werden“, sagt Elvira Schwörer.

Margarine, die den Cholesterinspiegel senkt, ist nicht für jeden gut

Ein weiteres Problem sind Lebensmittel, die für eine bestimmte Zielgruppe tatsächlich eine positive Wirkung auf die Gesundheit haben können – anderen Zielgruppen aber womöglich sogar schaden. Das gilt beispielsweise für Margarine, die „nachweislich hilft, den Cholesterinspiegel zu senken“.

„Für Verbraucher mit einem erhöhten Blutfettwert mag das eine positive Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System haben“, sagt Schwörer. Für Schwangere, Stillende und Kinder unter fünf Jahren sei die Margarine jedoch „unter Umständen nicht zweckgemäß“ – so steht es auf der Verpackung.

Auf dem Apfel steht es nicht extra drauf, doch er stärk tatsächlich das Immunsystem

Einer Umfrage des Bundesinstituts für Risikobewertung unter 1000 Käufern solcher Spezialmargarinen aus dem Jahr 2007 zufolge hatten jedoch nur 55 Prozent erhöhte Blutfettwerte – die anderen 45 Prozent aßen sie in der Familie einfach mit, darunter auch Kinder.

Wer seiner Gesundheit wirklich etwas Gutes tun möchte, sollte Schwörer zufolge möglichst viele frische, unverarbeitete Lebensmittel essen. „Die enthalten von Natur aus alles, was man für eine gesunde Ernährung braucht.“ Und auch wenn es auf einem Apfel nicht extra draufsteht: Er stärkt tatsächlich das Immunsystem.