Schimmel: Alle Schimmelpilze bilden Gifte, die Leber, Nieren und Nervensystem schaden. Entstehung: Schimmel befällt hauptsächlich Obst, Brot sowie Zerhacktes und Pulverisiertes.Vorkommen: 2012 wurden 1834 Lebensmittel wie Nüsse, Getreide, Gewürze, Trockenobst, Wein, Saft, Kakao vom CVUA Stuttgart auf Schimmelpilzgifte untersucht. Einzelne Proben wiesen hohe Werte auf. Schimmel ist für Hersteller allerdings ein kaum kontrollierbares Risiko. Foto: Fotolia

Was bunt verpackt ist, fällt auf und wird gerne gekauft. Doch die Farben von Lebensmittelverpackungen enthalten oft Gifte, die sich in Nudeln, Reis oder Frühstücksflocken einlagen können.

Fellbach - Die Party kann losgehen: Der Tisch ist mit Papierschlangen geschmückt, auf pinkfarbenen Tellern werden Schokomuffins in gemusterten Papierförmchen gereicht. Da greift doch sicher jedes Kind zu. Die Eltern trinken derweil Kaffee aus Pappbechern mit Happy-Birthday-Schriftzug.

Tatsächlich ist der Kindergeburtstag nur inszeniert von den Mitarbeitern des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart (CVUA) in Fellbach. Ziel ist es, dem baden-württembergischen Verbraucherminister Alexander Bonde (Grüne) zu verdeutlichen, welchen gesundheitlichen Risiken der Verbraucher ausgesetzt ist – selbst auf einem Kindergeburtstag. Die Muffins sind so ein Beispiel – vielmehr die Förmchen, in denen die Küchlein gebacken werden. „Die Druckerfarbe, die sie so farbenfroh macht, enthält rund tausend verschiedene Stoffe“, sagt die CVUA-Mitarbeiterin Magdalena Lubecki. Im heißen Ofen können schädliche Farbbestandteile in den Kuchen übergehen. Experten nennen so etwas Migration.

Schlagzeilen machte diese chemische Form der Einwanderung im Dezember 2012, als die Stiftung Warentest in der Schokolade von Adventskalendern Spuren von Mineralöl nachwies. Diese waren aus der Druckerfarbe der Verpackung ausgetreten. Laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) bergen Mineralöle ein gewisses gesundheitliches Problem: So wurde in Tierversuchen nachgewiesen, dass Mineralölgemische im Körper gespeichert werden und zu Schäden in Leber und Lymphknoten führen können.

„Inzwischen weitet sich das Problem aus“, sagt Uwe Lobe, der Leiter des CVUA-Zentrallabors, in dem eine Vielzahl von Lebensmittelverpackungen untersucht werden. Kartons aus Recyclingpapier gilt hier eine besondere Aufmerksamkeit, weil sie oft Erdölrückstände aus dem verarbeiteten Zeitungspapier enthalten. Das BfR geht davon aus, dass besonders bei Lebensmitteln mit einer großen Oberfläche wie Mehl, Gries, Reis, Semmelbrösel oder Müsli ein Übergang dieser Mineralöle aus der Verpackung auf den Inhalt zu erwarten ist, sofern sie nicht eigens in Folie verpackt sind.

Doch nicht nur Mineralöle können Verbraucher gefährden: So ist das CVUA 2013 der Frage nachgegangen, inwieweit Folien mit bedruckten Klebeetiketten, bunt bedruckte Pappbecher und Kunststofftrinkflaschen mit Aufdruck Schadstoffe abgeben. Dabei handelt es sich vor allem um sogenannte Fotoinitiatoren. Diese werden bei Druckverfahren mit UV-Farben eingesetzt, um den Farbstoff schneller auszuhärten. Sie stehen in Verdacht, nicht nur per Migration, sondern auch durch Abrieb in Lebensmittel zu gelangen – etwa wenn bunt bedruckte Pappbecher gestapelt werden.

„Teilweise haben wir hier eine Migration feststellen können“, sagt Uwe Lobe. So wurden 3 von 14 untersuchten Kunststoff-Trinkflaschen mit Aufdruck vom CVUA als „nicht verkehrsfähig“ eingestuft, weil im Getränk ein zu hoher Gehalt an Fotoinitiatoren nachgewiesen wurde. Auch bei folienverpacktem Schnittkäse gab es Beanstandungen, wenn die Folien nicht aus Mehrschichtmaterialien bestanden. Lobe geht davon aus, dass auch die Art der Lagerung eine Rolle spielt, ob und wie schnell die Schadstoffe auf das Lebensmittel übergehen: Je höher die Umgebungstemperatur, umso mehr erhöht sich auch die Wandergeschwindigkeit der Schadstoffe.

Dabei gibt es unbedenkliche Druckfarben. Doch bislang ist es in der EU, anders als etwa in der Schweiz, nicht gesetzlich vorgeschrieben, diese Farben bei Lebensmittelverpackungen zu verwenden. Das Bundesverbraucherschutzministerium plant bereits seit drei Jahren eine Verordnung, in der neben den zu verwenden Farben auch die Höchstkonzentrationen von migrierenden Stoffen gesetzlich geregelt werden soll. Die beteiligten Wirtschaftszweige protestieren gegen die ihrer Meinung zu teure Umstellung.

Für die Behörden käme ein gewaltiger Kraftakt hinzu: Ambitionierte Grenzwerte müssten ohne großen Aufwand geprüft werden können. Dazu bräuchten die Landesuntersuchungsämter einfachere und standardisierte Messverfahren, die Maschinen dazu und das Personal. Doch schon jetzt sei es für die rund 240 Mitarbeiter schwierig geworden, die Masse an Aufgaben zu bewältigen, so die CVUA-Amtsleiterin Maria Roth. So untersucht das Labor jährlich für Baden-Württemberg mehr als 20 000 Proben von Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen.

Angesichts des Dilemmas wundert es nicht, dass die neue Druckfarbenverordnung beim Pressetermin im CVUA von Verbraucherminister Bonde nur kurz angesprochen wird: „Die Regelung wird kommen, aber noch ist unklar, wann.“ Bis dahin steht es den Herstellern frei, ob sie die Vorschläge des BfR zur Qualitätsverbesserung bei Verpackungen annehmen oder wenigstens bei Recyclingverpackungen die Lebensmittel nicht mehr lose einfüllen, sondern mit einer zusätzlichen Folie schützen.