Eier stehen derzeit im Zentrum einer Preissenkungsrunde. Für Milch werden Bauern dagegen momentan gut bezahlt. Foto: dpa

Die deutschen Landwirtschaft kann eigentlich nicht klagen. Mit vielen Produkten können die Bauern wieder Geld verdienen. Die Discounter zetteln aber gerade eine neue Preissenkungsrunde an, Fleisch und Eier werden verramscht

Stuttgart – Herr Rukwied, zehn Eier für 99 Cent – bei den Discountern steht derzeit eine neue Preisrunde an. Was bedeutet das für die Bauern?
Solche Aktionen wie der jetzt von den Discountern eröffnete neuerliche Preiskampf konterkarieren die Bemühungen der deutschen Landwirtschaft, das Tierwohl in den Ställen noch weiter zu verbessern. Auf der gerade zu Ende gegangenen Grünen Woche in Berlin haben sich Landwirtschaft, Fleischwirtschaft und der Lebensmitteleinzelhandel auf die weitere Vorgehensweise bei der Umsetzung der Initiative Tierwohl geeinigt.
Die Niedrigstpreise im Handel gehen also zulasten der Haltungsbedingungen in den Ställen?
Das habe ich nicht gesagt. Aber eines ist klar: Wenn man noch mehr Tierwohl will, als wir sowieso schon haben, dann geht das nicht umsonst. Wenn wir neue, geräumige Ställe bauen oder auf dem Acker noch umweltschonender arbeiten, brauchen wir für solche Maßnahmen und Investitionen auch einen höheren Produktpreis.
Bei welchen Lebensmitteln ist der Preisdruck gerade am höchsten?
Die Landwirtschaft muss heute im globalen Markt agieren. Die Preise für fast alle Produkte hängen daher vom Weltmarkt ab. Die Preise dort schwanken seit einigen Jahren sehr stark. Für die Bauern wird es daher immer schwieriger, sich langfristig auszurichten. Im letzten halben Jahr lag der Preis beispielsweise für ein Kilogramm Schweinefleisch zwischen 1,50 und 1,90 Euro. Bei der Milch sieht es derzeit besser aus. Dort erzielen die Bauern rund 40 Cent je Liter. Das ist mehr als im Vergleichszeitraum des vergangenen Jahres. Bei Getreide und Raps haben die Preise dagegen in den letzten Monaten wieder um 20 bis 25 Prozent nachgegeben. Mit diesen Marktschwankungen müssen die Bauern umgehen.
Die aktuellen Preissenkungen im Handel betreffen vor allem tierische Produkte. Ist das Angebot zu groß?
Unsere Waren – auch die aus der tierischen Produktion – sind weltweit gefragt. „Made in Germany“ hat auch bei Lebensmitteln einen Spitzenruf – nicht nur im heimischen Markt, sondern auch in den EU-Ländern. Wir haben steigende Nachfrage, gerade auch aus bevölkerungsreichen Ländern wie Russland oder China. Die Holländer essen beispielsweise mit Vorliebe deutschen Käse. Unsere Exporte dahin sind im vergangenen Jahr deutlich gestiegen.
Wie geht es den deutschen Bauern allgemein?
Die Einkommenssituation hat sich stabilisiert. 2013 sind die Einkommen der Bauern im Durchschnitt angestiegen. Die Bauern sind zu Beginn des Jahres 2014 verhalten positiv gestimmt. Auch langfristig stehen die Vorzeichen auf Grün, da die weltweite Nachfrage nach Lebensmitteln steigt. Entscheidend sind nun die richtigen Impulse aus der Politik, und hier vor allem aus Brüssel. Unsere Forderung ist klar: Alle landwirtschaftlichen Flächen müssen weiterhin von den Bauern wirtschaftlich nutzbar sein – auch solche, die die EU unter dem Stichwort „Greening“ von der Produktion ausnehmen will. Außerdem muss die zweite Säule der Agrarpolitik durch zusätzliche Mittel aus der sogenannten Gemeinschaftsaufgabe Agrar finanziell besser ausgestattet werden.
Die Nachfrage nach Biolebensmitteln wächst in Deutschland viel stärker als das heimische Angebot. Warum steigen nicht mehr Erzeuger um?
Der Biolebensmittelsektor ist genau wie die konventionelle Erzeugung auch den Marktgesetzen unterworfen. Auch im Biomarkt sind die Gewinnspannen für die Anbieter gering. In Deutschland stehen dem hohe Arbeitskosten gegenüber. Daher ist es für die Erzeuger aus betriebswirtschaftlichen Gründen schlicht derzeit nicht sonderlich interessant, ihren Betrieb auf eine Bioproduktion umzustellen.
Macht es Sinn, dass die steigende Bionachfrage zunehmend aus dem Ausland, bis hin zu China, bedient wird?
Als deutscher Bauernpräsident ist es meine Aufgabe, die hohe Qualität der deutschen Erzeugnisse deutlich zu machen. Dies gilt für Bio wie für konventionelle Produktion. Der große Trend bei unseren Verbrauchern sind derzeit Produkte, die aus der Region für die Region erzeugt wurden. Das ist eine positive Entwicklung.
Das geplante Freihandelsabkommen der EU mit der USA ist erst einmal ausgesetzt. Sind Sie erleichtert?
Handel bringt in der Regel für alle Vorteile. Das ist hinlänglich bewiesen. Daher sind wir nicht grundsätzlich gegen Handelsabkommen, wenngleich multilaterale wie bei WTO besser wären. Entscheidend ist, dass der Rahmen so gesetzt wird, dass sich für beide Seiten tatsächlich Vorteile einstellen. Für uns ist wichtig, dass bei Lebensmittelimporten aus den USA unsere Standards eingehalten werden. Ohne das geht es nicht.
Sogar Minister warnen derzeit vor Chlorhühnchen und Hormonfleisch aus den USA. Was erwartet die EU-Landwirtschaft, wenn das Abkommen kommt?
Es muss unbedingt sichergestellt werden, dass die Produkte, die wir importieren, zu unseren Standards erzeugt werden. Ein Aufweichen unserer Umwelt- und Tierschutzstandards darf es nicht geben. Da sind sich Bauern und Verbraucher einig. Hierzu gehören auch Transparenz und eine lückenlose Rückverfolgbarkeit – und zwar vom Erzeuger bis zum Konsumenten. Entsprechende Systeme müssen in den Exportländern eingerichtet werden, die Politik muss in den Handelsabkommen dies sicherstellen. Nur so kann der Verbraucher darauf vertrauen, dass alle Anforderungen an gute und sichere Lebensmittel erfüllt werden.