Getreidefeld bei Offingen in Baden-Württemberg Foto: dpa

Mit interaktiver Grafik - In vielen Gebieten Baden-Württembergs ist die Ernte noch nicht abgeschlossen. Schon jetzt ist aber klar: Die Bauern haben ein sehr gutes Jahr hinter sich. Nie lieferten die Äcker im Land mehr Erträge. Das bringt allerdings auch die Preise unter Druck.

Stuttgart - Die Bauern in Baden-Württemberg haben zum ersten Mal überhaupt durchschnittlich mehr als sieben Tonnen Getreide pro Hektar Ackerfläche geerntet.

Die Flächenleistung liege im Landesdurchschnitt und über alle Getreidesorten hinweg bei 7,36 Tonnen je Hektar, teilte das Statistische Landesamt (Stala) in Stuttgart am Donnerstag mit. Das langjährige Mittel werde damit „deutlich übertroffen“, sagte Thomas Betzholz, Referatsleiter im Stala, unserer Zeitung. Im langjährigen Mittel ernteten die Bauern im Land deutlich weniger Getreide pro Hektar – nur gut 6,5 Tonnen. Allerdings sind die Flächenerträge in der jüngeren Vergangenheit deutlich gestiegen. Ein Hektar entspricht mit einer Kantenlänge von 100 Metern in etwa der Größe eines Fußballfelds.

Betzholz begründete den „eklatanten Sprung nach vorne bei den Erträgen“ in diesem Jahr vor allem mit der Witterung. Trotz partieller Trockenheit im Frühjahr sei das relativ feuchte Wetter einer der Hauptfaktoren für die Entwicklung. Langfristig spiele aber auch der technische Fortschritt eine wichtige Rolle. Sogenanntes Precision Farming – also der genaue Einsatz von Dünger und Spritzmittel – trage ebenso dazu bei wie Fortschritte in der Pflanzenzüchtung und Neuerungen bei Aussaat und Kulturpflege.

Für die Landwirtschaft sind steigende Hektarerträge wichtig, weil die Flächen, die sie bewirtschaftet, immer geringer werden. Wurde 2008 noch auf etwa 483 000 Hektar Ernten eingefahren, waren es 2014 nur noch 443 000 Hektar – ein Minus von rund neun Prozent. Allein in Baden-Württemberg nimmt die landwirtschaftlich genutzte Fläche pro Tag um durchschnittlich 8,5 Hektar ab. Der Schwund geht größtenteils aufs Konto von Siedlungs- und Straßenbau. Aber auch Waldflächen sind in Baden-Württemberg auf dem Vormarsch.

Winterweizen und Gerste gedieh prächtig

Der Landesbauernverband sprach von einer „mengenmäßig guten Getreideernte mit ordentlichen Qualitäten“. Winterweizen – das mit Abstand am weitesten verbreitete Getreide – gedieh prächtig. Ähnlich verhält es sich bei Gerste. Bei Raps liegen die Ernsten gar 15 Prozent über dem langjährigen Durchschnitt. Allerdings gibt es große regionale Unterschiede. In manchen Teilen des Landes sind die Ernten wegen des regnerischen Wetters noch nicht eingefahren.

Die großen Ernten, die die Bauern übrigens auch bei den meisten Obstsorten und bei Gemüse einfahren, drücken allerdings auf die Preise. Insgesamt könne die Landwirtschaft in Baden-Württemberg – Stand jetzt – nur „von durchschnittlichen Umsätzen sprechen“, sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied am Donnerstag bei der Vorstellung der Erntebilanz 2014.

Bei den Hofeinkommen – hier waren die Südwestbauern 2013 bundesweit das Schlusslicht – werde man trotz der guten Ernten 2014 „nicht ins Mittelfeld vorrücken“, sagte der LBV-Funktionär. Bei Kartoffeln seien die Preise im Lebensmitteleinzelhandel bereits auf 40 bis 65 Cent je Kilogramm gefallen. Auch bei Äpfel befürchte man „Preisdruck“. Für Unruhe sorgt bei den Bauern weiter das neue Landes-Wassergesetz.

Dieses verbietet den Einsatz von Spritzmitteln und Dünger im Abstand von fünf Metern zu Gewässern. Weil gesetzlich nicht genau geklärt sei, welche Gewässer hiervon betroffen seien, herrsche große Verunsicherung bei den Bauern, sagte LBV-Hauptgeschäftsführer Peter Kolb. Der LBV lehnt das Gesetz grundsätzlich ab, da die exakte Ausbringung von Dünger ohne Beeinträchtigung des Umfelds heute technisch möglich sei. Bauernpräsident Rukwied warf der Landesregierung in diesem Zusammenhang vor, durch die Gesetzgebung einen „enteignungsähnlichen Zustand“ herbeigeführt zu haben.