Thomas Berger ist Leitender Polizeidirektor und Mitglied der SPD. Foto: dpa

Thomas Berger ist Leiter der Zentralstelle im Innenministerium. Und kandidiert für die SPD im Wahlkreis Schorndorf bei der Landtagswahl 2016. Im Zuge dessen haben ranghohe Beamte in ihrer Funktion für ihn geworben – aber dürfen sie das überhaupt?

Stuttgart - Thomas Berger (44) kennt Politik aus verschiedenen Perspektiven. Der Leitende Polizeidirektor arbeitet als Stabschef im baden-württembergischen Innenministerium und leitet seit Ende Oktober dieses Jahres den vor kurzem errichteten Arbeitsstab Rückkehrmanagement, der die Abschiebung der abgelehnten Asylbewerber im Südwesten koordiniert und forciert. In seiner Freizeit sitzt Berger für die SPD als Kommunalpolitiker im Schorndorfer Stadtrat und im Kreistag des Rems-Murr-Kreises.

Im März 2016 will Berger für die Sozialdemokraten nun auch in den Landtag einziehen. Er wolle „so aktiv wie möglich mithelfen, dass die SPD weiter Regierungspartei bleibt“, sagt er. Damit er dieses Ziel erreicht, setzt Berger unter anderem auf einen professionellen Internetauftritt – mit einem aufgeräumten Design, einer klaren Struktur, informativen Inhalten und hochwertigen Fotos. Direkt unter dem Begrüßungsfoto werben dort abwechselnd mehrere Personen für den Vater zweier Kinder mit persönlichen Charakterisierungen – darunter Innenminister Reinhold Gall, Sozialministerin Katrin Altpeter und der Präsident des Deutschen Turner-Bunds (DTB), Rainer Brechtken.

Schröder über Berger: „Macher und Überzeugungstäter im besten Sinne“

Bis zuletzt haben sich dort auch die ranghohen Beamten Wolf Hammann und Hermann Schröder überaus positiv über den Kandidaten geäußert. Erst nach einer Anfrage der Stuttgarter Nachrichten wurden die Zitate gelöscht. Der ehemalige Landespolizeipräsident und Ministerialdirektor im Integrationsministerium, Wolf Hammann, sagte über den Sozialdemokraten: „Präsent, authentisch, unverblümt. Thomas Berger war ein zuverlässiger Kollege – freundlich, fleißig und gelassen.“

Und der Landesbranddirektor und Chef des Arbeitsstabs Flüchtlingsunterbringung im Innenministerium, Hermann Schröder, empfahl seinen Kollegen mit den Worten: „Ideenreich, sachorientiert, selbstlos und ehrlich – ein Macher und Überzeugungstäter im besten Sinne.“

Aussagen sind mit Blick auf das Beamtenstatusgesetz fragwürdig

Doch dürfen Spitzenbeamte in ihrer Funktion öffentlich für eine Partei oder – wie im Fall Berger – für einen politischen Akteur werben? Eigentlich ist dies durch Paragraf 33 im Beamtenstatusgesetz geregelt. Dort heißt es im ersten Absatz: „Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen.“ Und im zweiten Absatz: „Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt.“

Wenn ein Beamter als Privatperson oder als einfaches Parteimitglied für einen Kandidaten werbe oder eine Wahlempfehlung ausspreche, sei dies legitim, sagt die Justiziarin des Beamtenbundes Baden-Württemberg (BBW), Susanne Hauth. Wenn ein Beamter dies aber in seiner Funktion tue, sei dies mit Blick auf die Neutralitätspflicht „zumindest fragwürdig“.

Wolfgang Jäckle leitet bei der korruptionsbekämpfenden Nichtregierungsorganisation Transparency International die Arbeitsgruppe Politik. Auch er fragt sich, ob und inwieweit „das einem Beamten obliegenden Mäßigungsgebot tangiert ist, wenn er sich gleichsam zu politischen Werbezwecken zur Verfügung stellt“.

Ex-Landespolizeipräsident verweist auf die Karenzzeit

Die beiden betroffenen Spitzenbeamten verteidigen sich auf Anfrage. Hammann erklärt, er habe eine persönliche Charakterisierung für Bergers „private Homepage“ abgegeben, zu der er selbstverständlich stehe. Er sei davon ausgegangen, dass diese während der Karenzzeit des Landtagswahlkampfes nicht verwendet werde.

Schröder sagt unterdessen, er habe „auf Bitten von Herrn Berger in freundschaftlicher Verbundenheit“ seine Wertschätzung in Form eines Zitates gezeigt. Er spricht dabei von seiner „persönlichen und privaten Überzeugung“, zu der er stehe. Warum er sich auf der Website dann nicht als Privatperson geäußert hat, sondern als Landesbranddirektor, lässt er offen.

SPD-Kandidat Berger versteht „die Aufregung nicht ganz“

Und was sagt Berger selbst? „Ehrlich gesagt, verstehe ich die Aufregung nicht ganz. Auf meiner Homepage äußern sich viele Wegbegleiter über mich. Was auch kein ungewöhnlicher Vorgang ist“, meint der SPD-Kandidat, „drei Monate vor der Wahl wären die Zitate von Mandatsträgern ohnehin offline gestellt worden, weil wir die Karenzzeit selbstverständlich respektieren.“ Eine klare Regelung zur Karenzzeit für Mandatsträger gibt es einem Sprecher des Innenministeriums zufolge nicht. Nach dem Verständnis von Berger beginnt die Karenzzeit am 14. Dezember.

In einem Urteil des Staatsgerichtshofs vom 27. Februar 1981, das sich an der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts orientiert, wird derweil ein Zeitraum von fünf bis sechs Monaten für angemessen erachtet, in dem staatliche Organe und Amtsträger vor einer Landtagswahl das Neutralitätsgebot einzuhalten haben.

Hammann und Schröder haben ihren Weggefährten jedenfalls umgehend nach der Anfrage unserer Zeitung am vergangenen Donnerstag gebeten, die Zitate aus dem Internet herauszunehmen. Berger entsprach diesem Wunsch.