Seit 2008 steht an der Robert-Bosch-Straße eine Bauruine, nun soll daraus ein Flüchtlingsheim entstehen. Foto: Archiv Jens Noll

Eine seit sieben Jahren ruhende Bauruine an der Robert-Bosch-Straße im Filderstädter Ortsteil Harthausen wird als Standort für eine Asylbewerberunterkunft ins Auge gefasst.

Mit bisher noch unter Verschluss gehaltenen Planungen für ein neues Asylbewerberheim wird der Landkreis Esslingen im Filderstädter Ortsteil Harthausen in den nächsten Wochen für Gesprächsstoff sorgen – und in der Nachbarschaft aller Voraussicht nach reichlich Emotionen auslösen. „Das gibt böses Blut unter den Anwohnern, die Volksseele wird kochen“, befürchtet ein Stadtrat hinter vorgehaltener Hand.

Denn der ins Auge gefasste Standort für die geplante Flüchtlingsunterkunft hat eine bewegte Geschichte hinter sich – und ruft einen bis vor den Verwaltungsgerichtshof in Mannheim reichenden juristischen Streit um Baurecht und Schadenersatz in Erinnerung. Bei dem Areal an der Robert-Bosch-Straße handelt es sich um ein Grundstück am Ortsrand, auf dem ein Investor einst ein Altenpflegeheim errichten wollte. Etwa 900 000 Euro investierte der ungenannt bleiben wollende Bauherr, bis zwei Nachbarn erfolgreich gegen das im Gewerbegebiet nicht erlaubte Projekt klagten.

Ursprünglich als Pflegeheim für Senioren gedacht

Weil der Geschäftsmann sein ursprünglich für demenzkranke Senioren gedachtes Domizil nicht verwirklichen durfte, wurde der bereits begonnene Bau gestoppt. Seit fast sieben Jahren ruhen die Arbeiten an dem umstrittenen Objekt. Aus dem gut gemeinten Vorschlag der Stadt, aus der Bauruine lieber ein schickes Hotel für Geschäftsreisende zu machen, wurde nichts.

Nun hat der Investor den Kontakt zum Esslinger Landratsamt gesucht – und der händeringend nach Plätzen für die Unterbringung von Asylbewerbern fahndenden Behörde die seit August 2008 ruhende Baustelle als Standort für ein Flüchtlingsheim angedient. Im Gespräch ist offenbar kein Verkauf des Areals, nach unbestätigten Informationen wird eine Pachtlösung angestrebt. „Ich wäre sehr froh, wenn dieser Schandfleck endlich verschwinden würde“, sagt der Investor über die Hängepartie – und bezeichnet den Standort am Ortsrand als „idealen Platz“ für ein Flüchtlingsheim.

Landkreis braucht bis Jahresende noch etwa 2400 Plätze

Pikant: Erst im November 2014 hatte der Bundestag beschlossen, das Baurecht zu lockern und Asylbewerber-Unterkünfte auch in Gewerbegebieten in Randlage zu erlauben. Um die Not der Kommunen zu lindern, genügend Plätze für eine angemessene Unterbringung der Flüchtlinge zu finden, sollten Gewerbeobjekte und Bürohäuser einfacher genutzt werden können. Im Kreis Esslingen stehen aktuell 1623 Plätze in 51 Wohnheimen zur Verfügung. Gerechnet wird, dass bis Jahresende etwa 2400 weitere Plätze notwendig werden. Noch gar nicht eingerechnet ist die Minusquote von 273 Flüchtlingen, die das Landratsamt als Nachholbedarf aus dem vergangenen Jahr mitbringt.

Wie viele Flüchtlingsplätze am Rand von Harthausen vorgesehen sind, war am Donnerstag nicht zu erfahren. Landkreis-Sprecher Peter Keck verwies auf Nachfrage auf einen geplanten Informationsabend für die Bürger. Vertreter des Landratsamts wollen erst am Montag, 11. Mai, in der Jahnhalle in Harthausen die Fragen über das Projekt an der Robert-Bosch-Straße beantworten. Die von der Stadt ausgerichtete Veranstaltung beginnt um 19 Uhr. „Sonst beschweren sich die Leute wieder, dass sie über die Pläne aus der Zeitung erfahren“, begründete der Landkreis-Sprecher die Zurückhaltung. Filderstadts Stadträte wurden dem Vernehmen nach schon hinter verschlossener Tür über die Flüchtlingsunterkunft informiert. Für das Pflegeheim hatte der Investor vor sieben Jahren mit etwa 50 Betten kalkuliert. Die Genehmigung war von der Stadt erst erteilt, später aber für rechtswidrig erklärt worden.